Ein RS-Modell muss sich von seiner Vorstufe absetzen, muss
bissiger sein, wilder, schroffer, athletischer, muss sie
fahrdynamisch dominieren, und sei es nur als Legitimation für die
eigene Existenz. Das macht der RS 5 mit dem S5 aber nicht.
In 3,8 Sekunden explodiert der Audi RS 5 im Test auf 100 km/h,
wobei er nicht nur seine eigene Werksangabe knackt, sondern auch
neun Zehntel auf seinen kleinen Bruder herausholt, der im Verlauf
bis 200 gar um über vier Sekunden zurückfällt.
Das Seltsame an alldem: Selbst der deutlich feurigere, ab
5.000/min geradezu frenetische Biturbo-Schub bekommt die engen
Verwandtschaftsverhältnisse nie ganz rausgewaschen.
Die Frage muss gestattet sein, ob einem das bisschen
PS-Prestige, das Lastwechselgebumper der Sportabgasanlage und die
gehaltvollere Darbietung desselben Themas diese 18.400 Euro (!)
wert sind, die S und RS voneinander trennen.
Zumal sich auch die Fahrgefühlswelt nicht großartig verändert
hat – und das trotz spezifischer Lenkungsabstimmung, trotz
Tieferlegung, trotz breiter Spur und trotz der wankstabilisierenden
Wirkung des Dynamic-Ride-Control-Fahrwerks (DRC).
Problem: Der Audi RS 5 scheint selbst nicht zu wissen, was er
will. Das merkt man an seiner Selbsternennung zum
High-Performance-Gran-Turismo, was grob dasselbe ist wie eine
vegane Weißwurst – also weder Fisch oder Fleisch noch das Gelbe vom
Ei. Und man merkt es auch an seiner Abstimmung, die buchstäblich
zwischen siebtem Himmel und Boden der Tatsachen hin- und
herschaukelt.
Die Härtegradspreizung der Adaptivdämpfer ist zwar weit, jedoch
passen deren Zug- und Druckstufe nicht zueinander. Das
ausschweifende Nachwogen von Bodenwellen im Comfort-Modus mag man –
eine nautische Neigung vorausgesetzt – noch als angenehm empfinden,
in „Dynamic“ hingegen gerät der ganze Kerl bisweilen derart ins
Wippen, dass man sich an die Hoppelviecher auf Kinderspielplätzen
zurückerinnert fühlt.
... im Heck eine Abgasanlage im Ofenrohrformat. Das fleißige
Hochdrehen, die Breite des Drehzahlspektrums, der sonor-knurrige
Klang und die zweifelhafte Attitüde, Kraft lieber abzugeben als
abzufeiern, unterscheiden sich im Grunde nicht die Bohne im
Vergleich zum S5.
Die 450 PS machen zwar den Eindruck als hätte sich gegenüber dem
Vorgänger nichts getan, hinter den kleinen Brötchen verbirgt der
neue V6-Biturbo aber 600 Nm – stolze 170 mehr als der einstige
Saug-V8.
Die Sitze? Vorzüglich. Im Kopfbereich vielleicht etwas zu kurz
geraten, dafür schön tief montiert und ausgestattet mit dieser
Massagefunktion, die wir als sport auto offiziell natürlich ganz
furchtbar schrecklich finden, in Wahrheit aber – Nähkästchen auf –
andauernd verwenden, Nähkästchen zu.
Der RS 5 regelt ab 250 km/h elektronisch ab. Wäre das hier nicht
sport auto, hätte sich der neue RS 5 sicherlich besser aus der
Affäre gezogen. Warum? Weil er bis kurz vorm Limit ein
faszinierendes Auto ist – nicht so bockhart wie sein Vorgänger, mit
mächtig Zunder obenraus und einem Handling, das nicht nur extreme
Agilität suggeriert, sondern auch mehr Querdynamik auffährt, als
man im echten Leben brauchen wird.
Nun sind wir aber sport auto und gehen an dieses Limit. Und dort
knickt der Audi nun mal ein, sodass am Ende gleich zwei
Grundbedingungen für ein wohlwollenderes Arbeitszeugnis fehlen –
nämlich mehr Testpunkte einzuheimsen als erstens der Vorgänger und
zweitens als das S-Modell.
Die gute Nachricht für den RS 5: Ein direkter Rundenabgleich
bleibt ihm erspart. Die schlechte: Allein in den Bereichen, in
denen sich der Kleine Kurs und die GP-Strecke überschneiden, nimmt
ihm der S5 drei Zehntel ab.