Kundenbindung 4.0 – Entwicklung, Methoden & Trends

Auch Unternehmen müssen bei der Kundenbindung im Web 4.0 mithalten. Dank gestiegener Netzaffinität und rasanter Digitalisierung ist hier großes Potenzial: Die Aufmerksamkeitsökonomie verlangt das – höher, schneller, weiter: E-Learning, Social-Media, Facebook und Co. – die Möglichkeiten steigen. Einen Überblick über Entwicklungen, Trends, Vorteile und Must Haves der Kundenbindung im Web 4.0 gibt es hier.
Wegen der Digitalisierung aller Lebensbereiche nimmt die Netzaffinitität logischerweise immer mehr zu. Das hat Konsequenzen für den Business-to-Consumer-Bereich – die Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden: es gibt ein extrem großes Potenzial, um Kunden und Interessenten nicht nur wirksam zu erreichen, sondern sie auch gleichzeitig teilhaben zu lassen – am Produkt, an der Kommunikation, an der Entwicklung und am Marketing. Diese funktioniert nicht mehr allein auf den klassischen Wegen. Investitionen und Aktivitäten lohnen sich hier auch für kleine Unternehmen – besonders für Start-Ups und Selbstständige – egal in welchem Branchenfeld.
Der Grund und das Neue: Das Netz, das für die weltweite Masse entwickelt wurde, wird heute maßgeblich und in erster Linie von der globalen Masse belebt. Die Internetuser verlieren immer mehr ihre Passivität und erobern rasant das Web. Das alte analoge Kommunikationsmodell von Sender und Empfänger ist obsolet: User sind beides.
Und noch mehr – aus Konsumenten wurden sogenannte Prosumer, die im Zusammenhang mit User-Generated-Content im Webzeitalter in sozialen Netzwerken konsumieren und produzieren.
Die Folge: Sie wurden und werden weiterhin selbstbewusster, treten skeptisch gegenüber einseitigen Werbebotschaften auf und finden immer neue Wege, sich im Netz auszutauschen. Das veränderte Internetzeitalter wurde medial Anfang der Nullerjahre mit dem Schlagwort Web 2.0 benannt – mittlerweile befinden wir uns im Web 4.0. Mit erneuten Konsequenzen für die Kundenbindung.
Web 4.0 –das Ende des Internets as we know it
Auf allen analogen und digitalen Kanälen ist nun die Rede vom Web 4.0. Aber nicht nur, dass in der Öffentlichkeit der Begriff inflationär gebraucht wird – viele nutzen es, wissen aber oft nicht was es ist. Ist Web 4.0 nach Web 2.0 und 3.0 lediglich ein weiteres gehaltloses Marketingschlagwort oder eine neue, allgemein gültige Einstellung in einem veränderten Internetzeitalter? Alles nur Begriffgeklingel oder von Relevanz?
Zurück in der Zeitachse. Der Intenet-Guru Tim O´Reilly postulierte mit dem Begriff „Web 2.0“ 2003 einen Paradigmenwechsel des Internetzeitalters: Aus der einseitigen Kommunikation wurde die dezentralisierte Kommunikation. Der passive User, der sich Informationen aus dem „Web 1.0“ zog, wurde zum aktiven Mitgestalter des Mediums durch Podcasts, Blogs, Social Media und vieles mehr. Das „Web 1.0“, wo man Informationen ausschließlich ins Netz stellte, um sie zu präsentieren, wurde erweitert. Das Internet als reine Informationsquelle, wo die Seiten eher statisch waren, und wo kaum Wert auf Nutzerfeedback gelegt wurde, war vorbei.
Web 1.0.: Wichtige Schlüsselbegriffe: Einbahn-Kommunikation, Statik, Passivität, Informationsquelle
Ergo: Social-Media-Portale wie Facebook, Twitter, Instagram und iTunes waren da neben den herkömmlichen Webpages die logische Konsequenz. Die Nutzerzahlen stiegen dementsprechend enorm. Es ist eine Selbstverständlichkeit: soziale Netzwerke gehören heute zum Alltag. Es wird gepostet, geliked und hochgeladen was das Zeugs hält.
Web 2.0.: Wichtige Schlüsselbegriffe: Aktivität, Kollaboration und dezentrale Kommunikation.
Danach ging es mit dem „Web 3.0“ parallel weiter. Der Journalist John Markoff prägte den Begriff 2007. Das Neue: das sogenannte „semantische Web“ etablierte sich. Hier werden Beziehungen verknüpft, Informationen nach ihrer Relevanz bewertet und in einen Kontext zu anderen Inhalten gebracht.
In der Praxis heißt das: das sogenannte „Smart Targeting“ kommt zum Zug - intelligente Informationsverarbeitung und intelligente Suchmaschinen nutzen die semantischen Informationen von Daten, vernetzten diese intelligent und stellen sie bereit. Orte, Personen und Dinge können so in Beziehung gesetzt werden und uns vor dem Rechner, Tablet oder Smartphone viel Zeit und Mühe sparen. Uneingeschränkter weltweiter Marktführer hier: Google.
Web 3.0.: Wichtige Schlüsselbegriffe: Semantik, Relevanz, Verknüpfung und Kontext.
Und nun? Der Lauf der Dinge – die Kommunikation und die dazu benötigten Technologien entwickelten und entwickeln sich konstant ohne Pause weiter: Die Kommunikationskanäle werden komplexer und innovativer. Die Kommunikation gestaltet sich besser, effizienter und schneller.
Neue digitale Geräte beschleunigen diese Entwicklung. An die Stelle von heimischen PCs oder Laptops treten immer mehr Smartphones, Tablets oder ähnliche Produkte und lassen die Trennung zwischen virtueller und realer Welt kaum noch zu.
Deshalb das Neue: Das Internet trifft mehr und mehr auf die Realität und lässt beides miteinander verschmelzen. Virtuelle und reale Welt kann man da nur noch schwer voneinander trennen. Willkommen im „Internet der Dinge“ – nur ein Kernelement des Web 4.0.
Egal ob Kühlschrank, Garagentor, Etagenheizung oder Mikrowelle – alles kann man per Smartphone, Laptop oder Tablet steuern. Und, die Alltagsgeräte können mittlerweile miteinander kommunizieren.
Die Folge: das Internet wird zum „Outernet“ und legt sich über die wirkliche analoge Welt. Deshalb wird das „Web 4.0“ auch „allgegenwärtige Web“ genannt. Die „virtual reality“ wird zur „augmented reality“ – „erweiterte Realität“, die „online“ die passenden Informationen zum Geschehen in der realen Welt einblendet. Es kommt zur „mixed reality“.
Das zweite wesentliche Kernelement jedoch: Das „Web 4.0“ ist ein „Best of“ aller Ressourcen aus dem Internet in ein System, welches der User für sich individuell konfigurieren kann. Dazu gehören dann auch schließlich alle Errungenschaften und genannten Schlüsselbegriffe aus „Web 1.0“, „Web 2.0“ und „Web 3.0“. Der Nutzer wird in den richtigen Momenten von entsprechenden Informationen erreicht, bestimmte Prozesse können ausgelöst oder eben Geräte nach Lust und Laune geschaltet werden.
Kundenbindung 4.0 – soziale & kollaborative Kommunikation matter
Was bedeute das nun konkret für Unternehmen? Grundsätzlich ist es wichtig, eine Strategie für das Web 4.0 zu entwickeln, um langfristig alle Wertschöpfungsprozesse zu optimieren und auch alle Marketing- und Vertriebspotenziale parallel auszunutzen.
Dazwischen liegen die Aspekte der Kundenbindung und der Außenkommunikation. Beide Domänen sind miteinander verflochten. Die Kundenbindung – das heißt die Gewinnung von Stammkunden – umfasst bekanntlich lehrbuchmäßig die Kundenzufriedenheit, -loyalität und -orientierung. Und hier bleiben Kollaboration, Aktivierung, Networking, Information und Kommunikation im Web 4.0 die zentralen Bezugspunkte. Das Neue ist lediglich, dass im Outernet neue Möglichkeiten da sind, weil das Virtuelle mit dem Realem verschmilzt und die Technik eine permanente Mobilität gewährleistet– wie zum Beispiel im Bereich der Kundenloyalität 4.0: Rabattgutscheine via Apps.
Dr. Winfried Felser, Gründer und Vorstand der NetSkill AG, sieht in einem Interview mit den Marketingexperten der Marketing-Börse im „Web 4.0“ deshalb die „nächste Evolutionsstufe der Wertschöpfung“.
Für ihn bedeutet das, „dass wir durch neue Technologien bzw. Intelligenz und Kommunikation befähigt werden, noch umfassender in Netzwerken zu kooperieren, wobei Netzwerke das Zusammenwirken von Mensch und Maschine oder z.B. klassischer von Unternehmen und Kunden beschreiben können“.
Konkret für die Kommunikation, die ja die Basis für die Kundenbindung bildet, hat das Konsequenzen: „Marketing und die PR werden in Zukunft noch analytischer, automatisierter und auch nach innen und außen kollaborativer“, sagt Felser. Für den Experten verschwimmen die alten Grenzen zwischen PR, Marketing und Sales.
Zwar sei das Mulit-Channeling, also das Posten und das Agieren in verschiedenen sozialen Netzwerken weiterhin wichtig, jedoch entscheidender sei die Integration und Organisation.
Kundenbindung 4.0 muss sozial, automatisiert, kollaborativ und relevant sein.
Sozial bedeutet hier, in einen Dialog mit den Kunden zu treten. PR sollte mehr sein als das Multiplizieren von Werbebotschaften in diversen Social-Media-Plattformen – der Dialog sei entscheidend und sollte auf Blogs, Foren, Fanseiten, Landingpagers wechselseitig stattfinden.
Das Gleiche betrifft die Automatisierung. „Hier sollte man aber nicht nur Senden, sondern auch intelligent Resonanz wahrnehmen und idealerweise auch darauf reagieren können, wenn beispielsweise die eigene Botschaft bei Twitter und Co. diskutiert wird“, empfiehlt Felser.
Eng verbunden damit ist die Kollaboration. Diese müsse nach innen wie nach außen stattfinden. Nach innen sollt in vernetzten Marktteams gearbeitet werden statt in konkreten PR-Abteilungen. Nach außen bedeutet es auch, mehr als nur einen Blog und eine Fanseite zu betreiben. „Es bedeutet, in fast grenzenlosen Netzwerken von Kunden, Partnern, Medien und sogar Wettbewerbern zu agieren.“ Die Grenzen lösen sich hier: manchmal ist ein Promoter oder Influencer wichtiger als manch eigener PR-Mitarbeiter, der Informationen raushaut.
Die Relevanz bedeutet in diesem Zusammenhang, nicht nur Informationen und Botschaften – selbstverständlich sollte diese kurz und knapp und von Wichtigkeit sein – zu vermitteln. Man sollte also heute niemanden mehr mit platten Unternehmens-Nachrichten langweilen, sondern den Kunden einbinden. Etwa durch einen KnowHow-Transfer der gemeinsam mit dem Kunden realisiert wird.
Kundenbindung durch Kundenbildung & Kundeneinbindung
Ein Konzept ist die Kundenbildung, die Informationen als Lerninhalte vermittelt. Solche E-Learning-Konzepte werden mit einem lernorientierten Mehrwert verknüpft. Das Produkt oder die Dienstleistung des jeweiligen Unternehmens wird kontextualisiert. Und der Kunde wird nicht nur allgemein, sondern gleichzeitig zu den eigenen Produkten weitergebildet.
Beliebte Methoden hierbei sind:
- Blogs
- Wikis
- Social-Boookmark-Dienste
- Multimedia Sharing
- Videoblogging
- Podcasting
Teilweise erfolgt Kundebindung über ein eigenes E-Learning-Konzept. Der Vorteil: der Kunde wird nicht nur weitergebildet, sondern es wird zwischen dem Unternehmen und dem Kunden ein emotionales Vertrauensverhältnis aufgebaut durch Wissensvermittlung. Der Gedanke dahinter:
Kunden kaufen das Produkt, mit dem sie sich am besten auskennen. Deshalb sollte ein Unternehmen ihnen das Wissen, das sie benötigen, zur Verfügung stellen. Die Folge: Kunden werden mehr kaufen, da die emotionale Identifikation greift.
Das Stichwort der Stunde ist hier das sogenannte Web-Based-Training (WBT). Im Grunde ein sehr einfaches und altes Konzept: darunter versteht man ein multimediales Lernprogramm, das lediglich über das Netz distributiert wird.
Dabei stehen den Lernenden verschiedene Plattformen zur Verfügung, in denen das Lernen häufig durch einen Tutor begleitet wird, der für Fragen und Probleme zur Verfügung steht. Insbesondere können sich die Lernenden über Diskussionsplattformen sowie E-Mail, Chats oder Foren über die Lerninhalte austauschen. Aber: ein Tutor muss nicht zwangsläufig am Start sein.
Im Gegensatz zum sogenannten Computer-Bases-Training (CBT) ist hier eine synchrone sowie asynchrone Kommunikation und Kooperation zwischen Teilnehmenden, Tutoren und Dozenten möglich. Zu jeder Zeit und von jedem Ort aus kann man sich nun weiterbilden.
Im Web 4.0 bieten sich da jede Menge Möglichkeiten an. Beispielsweise durch Online-Rollenspiele im Web Based Training-Format als Planspiel, um eine Familie bei ihrer generellen Hausplanung zu unterstützen oder spezifische Informationen weiterzugeben, wie beispielsweise die Installation von Anschlüssen oder Leitungen sowie unterschiedlicher Sicherheitsmechanismen.
Diese Form der Kundenbindung funktioniert in ganz unterschiedlichen Branchen. Die Integration des Kunden an das Unternehmen erfolgt nämlich in erster Linie dadurch, dass dem Kunden das Gefühl vermittelt wird, ein Teil der Produktentwicklung zu sein. Selbstverständlich funktioniert der Mechanismus allerdings nicht nur auf Kundenebene, sondern auch beim Zwischenhändler oder Kooperationspartner. So bietet beispielsweise der Automobilhersteller Audi ein E-Learning-Konzept an, um die Funktionsweise und technischen Innovationen des Quattro-Antriebs zu erklären. Die Bindung erfolgt aber nicht nur durch Information der Lehrinhalte, sondern durch den Verweis darauf, dass Audi-Händler die gleiche Schule durchlaufen. Dem Lernenden wird dadurch ein Gefühl der Exklusivität vermittelt, da das KnowHow gemeinsam mit dem ihm realisiert wird. Und der positive Nebeneffekt: Namedropping, Brandmarking und Identifikation mit dem konkreten Produkt.
Cross-Channel-Marketing und Kundenbindung: Alles auf einmal
Was heißt auf allen Kanälen? Neben der eigenen Homepage gehören da die hiesigen Standard-Social-Media-Kanäle dazu – Facebook, Twitter, Instagram und YouTube. Warum sind diese Kanäle relevant? So viel steht fest: nicht nur wegen den hohen Nutzerzahlen. Laut dem E-Commerce-Magazin geben 62 Prozent der Millenials, also die sogenannte Generation Y, die mit den verschiedenen Entwicklungen des Internets aufgewachsen, an, dass sie loyal gegenüber den Marken sind, die über Social Media auch mit ihnen interagieren.
Auch wenn die verschiedenen Kanäle nun einen anderen Tool-technischen Schwerpunkt haben, eine Konstante aus der Web 2.0-Ära bleibt dennoch bestehen: die direkte Live-Kommunikation mit Kunden führt dazu, dass diese Netzwerke nicht nur als Werbeplattformen dienen, sondern ein Tool, um die Kunden langfristig an das Unternehmen zu binden.
Hier entscheiden – auf das Wesentliche heruntergebrochen – zwei Dinge: der multimediale Content und die Anschlusskommunikation. Die entscheidende Variable ist dabei die Interaktion mit Menschen und die Dialogkompetenz des Unternehmens.
Wenn der User, also der Konsument aktiver wird, muss das Unternehmen auch aktiver werden – ganz besonders im Web 4.0 mit all seinen Potenzialen.
Dabei darf und muss klar sein, dass zuvor eine konsistente Social Media Strategie festgelegt wird. Widersprüche sind zu meiden. Das Design, der Content – alles muss einer gemeinsamen Corporate Identity entsprechen. Das beinhaltet auch eine stringente Erzählstruktur, wenn via Posts, Videos oder Fotos der Kontakt zu den Kunden gesucht wird.
Fazit
Die Möglichkeiten im Web 4.0 sind für die Kundenbindung immens. Eng verbunden damit sind das spezifische Know How und die entsprechenden Investitionen des Unternehmens. Am wichtigsten ist es aber, ständig am Ball zu bleiben, und den Trends zu folgen. Man darf gespannt sein, was das zukünftige Web 5.0 bringen wird. Das es kommen wird, steht außer Frage.