Pornos machen schüchtern, das Internet macht ungeduldig

In einem aktuellen Interview beantwortet der Medienpädagoge Philippe Wampfler viele Fragen rund um das Thema Jugendliche und Internetnutzung. Die Lage scheint allerdings bei weitem nicht so schlimm zu sein, wie es zum Beispiel manch Elternteil befürchtet.
Ja, das Internet und die technische Hochkultur beeinflussen dastägliche Leben der Menschen. Wenn es um Jugendliche geht, habengerade viele Eltern Bedenken, dass das World Wide Web das Verhaltenihrer Kinder nachhaltig negativ beeinflussen kann. In einemInterview mit "watson.ch" spricht Medienpädagoge Philippe Wampflerviele solcher Ängste an.
Hierkönnen Sie das Buch "Internet für Dummies" bestellen
Auch wenn Teenager viel Zeit mit dem Internet,Social-Media-Kanälen, Selfies und ihrem Smartphone verbringen, somache sie das noch lange nicht zu Narzissten: "Die Jugend ist heuteweder oberflächlicher noch narzisstischer als vor 10 und vor 20Jahren." Auch "das Vorurteil, [Jugendliche] seien als 'DigitalNatives' technisch kompetent aber in Bezug auf Belange wie diePrivatsphäre naiv, teile ich nicht. Überforderte Erwachsenetendieren dazu, beides zu überschätzen, die Techno-Kompetenz unddie Naivität", erklärt Wampfler.
Beim Thema Gruppenzwang scheint das Internet teilweise sogareine gute Anlaufstelle für Teens zu sein, wenn es nach Wampflergeht. Auch im World Wide Web gibt es eine Art Gruppenzwang, doch"es bleiben genügend Freiräume für diejenigen, die diesemGruppendruck nicht nachgeben wollen. Gerade das Internet macht esmöglich, dass diese Jugendlichen Gleichgesinnte im Netz finden undso dem Druck einer Schulklasse entfliehen können", meint derMedienpädagoge.
Bei weitem überraschender ist etwas anderes: "Junge Männerwerden wegen Porno immer schüchterner. Sie wissen einerseits, dasssie dank Porno ihre Bedürfnisse virtuell sofort befriedigen können.Gerade deswegen verlieren sie andererseits die Fähigkeit zusozialen Kontakten. Sie wissen nicht mehr, wie man Small Talkbetreibt oder flirtet und haben keine Frustrationstoleranz mehr",wie Wampfler meint.
Eine größere Gefahr sähe er allerdings woanders - nämlich darin,"dass es einfach geworden ist, Bedürfnisse sofort zu befriedigenund dass die Menschen daher keine Geduld mehr haben. Das sieht manbeim Gamen, beim Porno und bei der Auseinandersetzung mit Kultur.Nur sollte man das nicht dramatisieren. Der Anteil der Bevölkerung,der lange Bücher gelesen hat, war immer schon klein."