Das SID-Kalenderblatt am 11. Juli: Spasski, Fischer und das "Match des Jahrhunderts"

Das SID-Kalenderblatt am 1. September: Fischer bezwingt Spasski
Köln (SID) - Die Kubakrise lag zehn Jahre zurück, die Abrüstung hatte begonnen, doch im Juli 1972 flammte der Kalte Krieg der Supermächte USA und Sowjetunion noch einmal auf. Und das an einem Schauplatz, mit dem wohl niemand gerechnet hatte: In Reykjavik. In einer schmucklosen Halle namens Laugardalshöll. Vor allem aber: an einem Schachbrett.
Seit 1948 war der Titel des Schach-Weltmeisters fest in sowjetischer Hand. Und nun kam ein 29 Jahre alter Amerikaner namens Bobby Fischer daher, ein Sturkopf aus Chicago, um Boris Spasski im Spiel der Könige die Krone zu entreißen. Die Welt schaute dem "Match des Jahrhunderts" gebannt zu.
Bis zum ersten Zug war jedoch Geduld gefragt: Die erste Partie war für den 4. Juli vorgesehen, dem Unabhängigkeitstag der USA. Doch Fischer kam nicht. Es ging um Geld, aber auch um einen schwarzen Ledersessel, der extra aus den USA eingeflogen wurde. Irgendwann rief sogar Henry Kissinger an, der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Richard Nixon. Fischer gab sich einen Ruck und stieg ins Flugzeug.
Die erste Partie verlor Fischer im blauen Anzug und weißem Hemd, lag später sogar 0:2 zurück. Doch dann drehte er auf, und am 1. September gab der deutsche Schiedsrichter Lothar Schmid das Endergebnis bekannt: 12,5:8,5 - Fischer war erster amerikanischer Weltmeister. Drei Jahre später trat er nicht zur Titelverteidigung an und verlor die WM-Krone an Anatoli Karpow.
1992 feierte Fischer ein für viel Wirbel sorgendes Comeback. Im ehemaligen Jugoslawien trat er zu einem hochdotierten Schaukampf erneut gegen seinen Freund Spasski an, gewann abermals und kassierte eine Millionenprämie. Doch mit dem Auftritt auf dem Balkan verstieß er gegen das US-Embargo, das kommerzielle Aktivitäten mit Jugoslawien untersagte. Fischer wurde mit weltweitem Haftbefehl durch die US-Bundespolizei FBI gesucht, durfte nie mehr in sein Heimatland zurückkehren. 2008 starb er - in Reykjavik.