Das SID-Kalenderblatt am 3. Mai 2020: Die erste Judo-WM

Das SID-Kalenderblatt am 3. Mai 2020: Die erste Judo-WM
Köln (SID) - Die Sportart, die der weise Sensei Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte, sollte all das symbolisieren, was das stolze Japan ausmachte. "Wir sollten Judo als eine Kultur begreifen, eine körperliche, geistige und moralische Kultur", sagte er. Nur: Dass Judo nicht nur japanisches Volksgut bleiben, sondern seinen Siegeszug über die ganze Welt antreten sollte, hatte er nicht in Erwägung gezogen.
Japanische Soldaten auf Kiel-Besuch brachten die Sportart Anfang des 20. Jahrhunderts nach Deutschland, auch wegen der späteren ideologischen Nähe zwischen dem Deutschen Reich und dem Reiche Nippons entwickelte sich Judo dort prächtig. Und weil sich nach dem Zweiten Weltkrieg auch andere Teile Europas für den edlen Kampfsport begeisterten, blieb den Japanern wenig anderes übrig, als mittels einer Weltmeisterschaft den aufstrebenden Nachahmern vorzuführen, wer nun wirklich den Judogi anhat.
Am 3. Mai 1956 war natürlich Tokio Schauplatz der ersten WM, gekämpft wurde nur an einem Tag, Gewichtsklassen gab es nicht, und immerhin 31 Athleten aus 21 Nationen traten an. Und die Wettkämpfe im Kuramae Kokugikan, einer wenige Jahre zuvor errichteten Sumo-Arena, wurden wie geplant zur japanischen Machtdemonstration: Der 30 Jahre alte Shokichi Natsui bezwang im Finalduell zwischen Nippons populärsten Judoka den sechs Jahre älteren Yoshihiko Yoshimatsu und wurde erster Weltmeister.
Acht Jahre später feierte Judo dann auch seine Olympiapremiere - natürlich in Tokio. Drei von vier Goldmedaillen gingen an die Japaner, doch in der wichtigsten und gewichtigsten Klasse, der offenen nämlich, verlor der darob von der heimischen Presse schwer gerügte Akio Kaminaga das Finale gegen den Niederländer Arnold Gesink, der bei der WM-Premiere Dritter geworden war. Spätestens da war klar: Die Matte gehört Japan nicht mehr alleine.