Koreas Kufen-Cracks "schreiben Geschichte"

Koreas Kufen-Cracks "schreiben Geschichte"
Die Idee ist zu groß für eine Eisfläche. Die 35 Eishockeyspielerinnen aus Nord- und Südkorea mussten vor ihrem ersten Olympia-Auftritt nacheinander trainieren, ihre kanadische Trainerin schob Überstunden. "Es ist für alle ein Abenteuer", sagte Sarah Murray nach der letzten Übungseinheit, "wir merken: Es ist eine größere Sache, wir sehen die Ausmaße."
Am Samstag (21:10 Uhr Ortszeit/13:10 MEZ), wenn das vereinte Team zum Auftakt des Olympiaturniers auf die Schweiz trifft, geht es um mehr als Eishockey. Die gemeinsame Mannschaft der verfeindeten Länder soll in unruhigen Zeiten eine Botschaft der Versöhnung und des Friedens senden. So zumindest wollen es die Politiker der beiden Koreas, die sich offiziell noch immer im Krieg befinden, und das Internationale Olympische Komitee (IOC).
Damit will Murray ihre Spielerinnen aber gar nicht belasten. "Ich habe ihnen gesagt: Wir wollen kein politisches Statement abgeben, sondern gewinnen", berichtete die Kanadierin. Doch spätestens bei der Generalprobe in Incheon gegen Schweden spürten alle, dass es so einfach nicht ist: "Als wir uns aufstellten und die Zuschauer uns zujubelten, haben wir uns daran erinnert: Wir schreiben Geschichte."
Murray: "Es haben sich Freundschaften entwickelt"
Eine Geschichte mit Hindernissen. Am Anfang fuhren die zwölf nordkoreanischen Spielerinnen, die im Olympischen Dorf in einem anderen Gebäude wohnen, im eigenen Bus zum Training, abgeschirmt durch Polizei und Staatssicherheit. Mittlerweile fahren alle gemeinsam. Auch die anfängliche Trennung nach Nord und Süd an den Tischen in der Mensa ist längst Vergangenheit. "Sie sitzen zusammen und lachen", berichtete Murray: "Es haben sich Freundschaften entwickelt."
Selbst die Sprachbarriere bröckelt. Von dem, was die Trainerin erzählte, verstanden die Nordkoreanerinnen zunächst kein Wort. Englische Begriffe und Lehnwörter, im Süden häufig verwendet, sind im Norden durch neue Wortschöpfungen ersetzt worden. Im Eishockey ein besonders großes Problem, denn alle Fachbegriffe sind englisch. "Wir haben gemerkt, dass wir nicht dieselbe Sprache sprechen, also brauchten wir ein Wörterbuch", sagte Murray. Egal, ob "Pass", "Penalty" oder "Crosscheck" - alles musste übersetzt werden.
Spielerinnen blenden Proteste aus
Auch die äußeren Widerstände waren groß. 70 Prozent der Südkoreaner lehnten in einer Umfrage das gemeinsame Team mit dem Norden ab. Beim Testspiel in Incheon zerrissen Demonstranten Vereinigungsflaggen, trampelten Porträtbilder des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un nieder und kritisierten lautstark die "Pjöngjang-Spiele". Doch die Spielerinnen blendeten das aus. "Wir sind als Team zusammengewachsen", sagte die gebürtige Kanadierin Caroline Nancy Park.
Auch sportlich: Die Nordkoreanerinnen, die erst vor zwei Wochen zur südkoreanischen Mannschaft stießen, sollen nicht nebenher spielen, sondern mittendrin. Mindestens drei muss Murray in jedem Spiel einsetzen, sie will sie auf mehrere Angriffsreihen verteilen. Nicht, um ein Zeichen zu setzten, sondern weil "wir gewinnen wollen".