Erdogan-Klage: Keine Strafe für Jan Böhmermann

Der Schock war groß - die Wirkung bleibt überschaubar. Im März hatte der türkische Staatspräsident Erdogan Jan Böhmermann wegen Beleidigung angezeigt. Nun ist klar: Böhmermann geht straffrei aus.
Es war der ganz große Aufreger im Frühjahr 2016: Jan Böhmermann (35, "Alles, alles über Deutschland") verlas im TV ein "Schmähgedicht" auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Erdogan, nur, um mal die "Grenzen der Kunstfreiheit" aufzuzeigen - und Erdogan konterte dank eines antiquierten Passus im deutschen Strafrecht mit einer Strafanzeige, die sogar die Bundesregierung beschäftigte. Rund ein halbes Jahr später ist nun klar: Böhmermann muss keine Strafe fürchten. Die Staatsanwaltschaft in Mainz hat die Ermittlungen eingestellt, wie sie am Dienstagnachmittag mitteilte.
"Nach dem Ergebnis der Ermittlungen waren strafbare Handlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen", begründete die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller die Entscheidung. Kurz gefasst sind die Ermittler zu dem Schluss gekommen, dass Böhmermanns "Gedicht" so stark überzeichnet, übertrieben und als "Unsinn" gekennzeichnet war, dass dem Satiriker der Wille zu einer ernstlichen Beleidigung Erdogans zumindest nicht zu beweisen gewesen wäre.
"Einem nervenkranken Despoten zum Tee serviert"
Damit kommt die spektakuläre Staatsaffäre um die Satire auf einem Spartenkanal vorerst zu einem - für Böhmermann - versöhnlichen Ende. Anfang Mai hatte der Moderator in der "Zeit" noch geklagt, Bundeskanzlerin Angela Merkel (61, CDU) habe ihn mit ihrem Verhalten in dem diplomatischen Streit "filetiert, einem nervenkranken Despoten zum Tee serviert und einen deutschen Ai Weiwei aus mir gemacht." Merkel hatte die Satire - anders als nun die Staatsanwaltschaft - noch Anfang April als "bewusst verletzend" brandmarken lassen. Andererseits ist Böhmermann für die fraglichen Zeilen unlängst auch mit dem neu ins Leben gerufenen Preis für Popkultur ausgezeichnet worden.
Nicht zu verwechseln sind die nun eingestellten Mainzer Ermittlungen jedoch mit einem anderen, noch laufenden Verfahren: Das Hamburger Landgericht soll am 2. November entscheiden, ob das ominöse "Schmähgedicht" verboten wird - sollte Erdogan mit dieser Zivilklage Erfolg haben, dürfte Böhmermann seine umstrittenen Zeilen nicht mehr öffentlich wiederholen. Eine Haftstrafe droht ihm so oder so aber nicht mehr. Dafür könnte es aber bald neue Erkenntnisse zu Böhmermanns Sicht der Dinge geben. Am Mittwochnachmittag will der Satiriker in Köln persönlich Stellung beziehen.