"Mein Spiel" von Johan Cruyff: "Total Voetbal"-Vermächtnis

Pele mag der größte Fußballer aller Zeiten sein, Diego Maradona der Genialste, Franz Beckenbauer einer der Erfolgreichsten - doch der Spieler mit den größten Auswirkungen auf das Spiel selbst, das ist Johan Cruyff. Eine Autobiographie erzählt seine Geschichte.
Ohne Johan Cruyff, dem erst in diesem Jahr verstorbenen, besten niederländischen Fußballer überhaupt, wären Begriffe wie Total Voetbal, La Masia und Pep-Fußball viel weniger gebräuchlich. Doch wer war Cruyff? Eine Autobiographie soll helfen, den streitbaren Menschen zu verstehen.
Das Buch "Mein Spiel" von Johan Cruyff sticht aus der Reihe vieler Fußballer-Biographien hervor. Abgesehen davon, dass das Leben von Cruyff und seine Karriere eine ausführliche Betrachtung rechtfertigen, was man sicherlich nicht von allen Kicker-Biographien behaupten kann, hatte er auch wirklich etwas zu erzählen.
Natürlich war auch Cruyff nicht davor gefeit, eine Autobiographie dazu zu nutzen, um bestimmte Dinge geradezurücken. Sprich, die Deutungshoheit über Geschichten zu bekommen, die sich im Laufe einer so erfolgreichen Karriere wie der Cruyffschen angesammelt haben. Das ist allzu menschlich.
Klare Vorstellungen über den Fußball
Cruyff war kein einfacher Charakter, daran besteht auch nach Lesen des Buches kein Zweifel. Zu oft betont er, dass er bei seinen zahlreichen Konflikten nicht "beleidigt" reagiert habe, was den Eindruck hinterlässt, dass es eben genauso war. Stur war er allemal.
Dennoch hatte er kein Problem zuzugeben, dass er beispielweise in Gelddingen keinerlei Talent besaß und das er diese Tatsache auch hat teuer bezahlen müssen. Des Weiteren erzählt er beiläufig, dass ihm Mode nichts bedeutet habe und alle seine Kleidungsstücke von seiner Frau ausgesucht wurden. Es verfestigt sich der Eindruck, dass Cruyff ein Mensch war, der seinen eigenen Weg ging. Auch gegen Widerstände. Auch wenn er Nachteile befürchten musste oder man sich über ihn das Maul zerriss.
Zurecht war er überzeugt von seinen Fähigkeiten. Als Spieler war er ein großer, ja ein revolutionärer - und als Coach nicht weniger erfolgreich. Dennoch gab es für ihn, auf den ersten Blick, einfach Regeln, die Basis für erfolgreichen und schönen Fußball waren. Sein Rezept für Erfolg lautete, "eine gute Ausbildung und eine starke Führung, und das gekoppelt mit der Kombination von Talent, Technik und Disziplin".
Barcas Spielkunst ist ohne ihn nicht denkbar
Vor allem dem schönen Fußball hatte er sich verschrieben. Immer wieder betont er, dass auch dafür das Zusammenspiel eines Teams entscheidend sei, der Teamcharakter der Grundstein einer erfolgreichen Mannschaft. Um gleichzeitig jedoch indirekt darauf hinzuweisen, dass er mit seinen Fähigkeiten der Gleichere unter Gleichen gewesen sei. Oder das Gewinnen doch nicht alles sei. Eher das schön spielen. Und schön spielen und Erfolg haben, das war zu Cruyffs Zeiten "Total Voetbal".
"Fußball spielt man mit dem Kopf, und der setzt dann die Beine ein" - diese Aussage von Cruyff klingt als müsse man umsichtig und intelligent sein, damit man gut kicken könne. Was wiederrum die Kunst der Straßenfußballer schmälern würde. Eher muss man konstatieren, dass bei Cruyff beides zusammenkam: großes Talent und die Fähigkeit, zu reflektieren und sich damit weiterzuentwickeln.
Was Cruyff von vielen Weltklassefußballern unterschied, ist, dass er über die die Rolle als Spieler hinaus dachte. Die Wirkung ist bis heute deutlich spürbar, ohne zu viel aus dem Buch verraten zu wollen. Den Einfluss, der Cruyff auf den modernen Fußball hat und hatte, ist nicht hoch genug anzusiedeln. Pep Guardiola, sein Musterschüler und später Bruder im Geiste, ist spätestens seit seiner Zeit in München für seine schwärmerischen, oft übertriebenen Formulierungen bekannt. Doch die folgende Aussage über Cruyff hilft gut, die Wirkung des Niederländers einzuordnen: "Ich wusste nichts über Fußball - bis ich Cruyff traf."