Ferrari analysiert Australien-GP
Die Welt sieht für Ferrari wieder etwas freundlicher aus. Sebastian Vettel verrät, dass man ein paar Antworten auf die Fragen von Melbourne gefunden habe. Ob es alle sind, muss der GP Bahrain zeigen. Und einige sind immer noch ein Rätsel.
Die letzten zwei Wochen ging es rund in Maranello. Eine Sitzung jagte die nächste, eine Analyse die andere. „Es waren intensive Tage“, gibt Sebastian Vettel zu. Totale Entwarnung will er noch nicht geben, aber wenigstens eine teilweise. „Wir haben einige Antworten auf die Frage gefunden, warum wir in Melbourne so langsam waren. Ob es alle sind, wissen wir nicht. Das könnten wir nur herausfinden, wenn wir mit unseren Erkenntnissen nach Melbourne zurückgingen und dort uns mit dem Rennwochenende vergleichen.“
Vettel macht klar, woran es beim Saisonauftakt fehlte: „Es war nicht mehr das Auto, das ich bei den Testfahrten gefahren bin. Mit dem konnte ich machen was es wollte. Es war überall schnell. In Melbourne haben wir überall verloren, mit Ausnahme der schnellen Kurven.“ Ferrari musste bei seiner Standortbestimmung zwei Dinge herausfiltern. Welche Probleme waren streckenspezifisch und hatten ihre Ursache in der Abstimmung des Autos? Und welche Probleme mussten generell auf das Auto zurückgeführt werden? Vettel räumte ein: „Wir haben unsere Vorstellungen in Bezug auf die Abstimmung und die Konfiguration des Autos. Es gibt gute Gründe zu glauben, dass wir schneller hätten sein können.“
Gab es Probleme mit der Kühlung?
Mit Hilfe der GPS-Messungen der Gegner können Ferraris Unpässlichkeiten in drei Bereiche eingeteilt werden. Ein Großteil der Zeit ging in den langsamen und mittelschnellen Kurven verloren. Das kann damit zu tun haben, dass die Ferrari dazu neigten, oben aus dem Reifenfenster zu fallen. Das kostet mechanischen Grip. Der Topspeed wurde erst im Rennen zum Handikap. Die Konkurrenz fand heraus, dass Ferrari absichtlich die Leistung dramatisch nach unten drehte. Um 30 bis 40 PS. Es gab nur zwei Runden, in denen Vettel volle Power zur Verfügung hatte. Die Runde vor und nach dem Boxenstopp.
Ferrari hatte sich offenbar mit der Kühlung verkalkuliert. Mercedes wundert sich: „Wir hatten das Auto auf zu viel Kühlung eingestellt. Die Temperaturen im Rennen lagen drei bis vier Grad unter der Vorhersage.“ Ferrari soll ebenfalls zu viel Kühlung eingeplant haben, aber mit ernsteren Konsequenzen. Wenn der Ferrari V6-Turbo zu kühl läuft, gibt es Probleme mit dem Aufbau des Ladedrucks. Und dann kann es bei der Verbrennung schnell zu unerwünschten Detonationen kommen. Einzige Chance das zu verhindern ist, die Leistung zurückzunehmen.
Da der Ferrari aufgrund der reduzierten Motorleistung mehr Zeit auf den Geraden zubrachte, stieg auch der Spritverbrauch. In der zweiten Rennhälfte mussten die Ferrari-Piloten vom Gas. Mit der generellen Power hat das nichts zu tun. Die Mercedes-Ingenieure stellten in der Qualifikation fest: „Beim Motor können wir kaum Unterschiede erkennen.“ Auch Vettel warnt: „Zieht aus den schlechten Topspeeds in Australien nicht zu viele Schlüsse.“
Keine angezogene Handbremse
Den großen Abstand zu Mercedes erklärt sich Vettel so: „Mercedes war stärker als erwartet, wir waren weniger stark. So kam der große Unterschied zustande.“ Das Resultat war aus Sicht von Ferrari eine herbe Enttäuschung, vor allem nachdem die Testfahrten ein völlig anderes Bild gezeichnet hatten. „Wir haben uns selbst mehr erwartet von dem Wochenende in Australien, es kam aber nicht mehr dabei raus. Ich bin nicht absichtlich mit angezogener Handbremse gefahren“ , räumt Vettel ein. Teamkollege Charles Leclerc beharrt: „Unser Auto ist besser als es in Melbourne ausgesehen hat.“