Autofahrer auf A8 im Stau gefangen

Autofahrer im Raum Rosenheim müssen sich ab dem 15. August 2025 auf neue Verkehrsregelungen einstellen. Erstmals in Deutschland werden dann sogenannte situationsabhängige Abfahrts- und Durchfahrtsverbote umgesetzt, die den Ausweichverkehr bei Staus auf der Autobahn A8 unterbinden sollen.
Das Besondere: Das Bundesverkehrsministerium hat diese Maßnahmen nicht nur genehmigt, sondern ausdrücklich politisch unterstützt. Staatssekretär Ulrich Lange (CSU) machte deutlich, dass entsprechende Durchfahrtsverbote durch lokale Behörden rechtlich zulässig sind und vom Bund aktiv befördert werden. Damit markiert diese Entscheidung einen Kurswechsel auf Bundesebene.
Der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) erklärte gegenüber auto-motor-und-sport.de: "Ich bin beeindruckt, wie schnell Staatssekretär Ulrich Lange nach seiner Ankündigung bei "jetzt red i" geliefert hat: Mit dem Abfahrverbot auf der A8 liegt jetzt eine praktikable Lösung für die Menschen in der Region auf dem Tisch. Die Details müssen jetzt noch geklärt werden, das Signal ist aber klar und wichtig!"
Ulrich Lange, Parlamentarischer Staatsekretär beim Bundesminister für Verkehr sagt:
"Unser Ziel ist klar: Der Verkehr soll auf der Autobahn bleiben – und nicht durch die Ortskerne unserer Gemeinden rollen. Die Menschen rund um die A 8 im südlichen Landkreis Rosenheim sind durch Ausweichverkehre stark belastet. Ich setze mich deshalb mit Nachdruck für schnelle, konkrete Verbesserungen ein. Zuständig sind die Straßenverkehrsbehörden vor Ort – sie müssen auf Grundlage der Straßenverkehrs-Ordnung handeln, wenn es etwa Lärm, Abgase oder Gefahren für die Verkehrssicherheit rechtfertigen. Wenn es vor Ort entsprechende Anordnungen wie zum Beispiel Durchfahrtsverbote gibt, wird die Autobahn GmbH umgehend an den Anschlussstellen durch entsprechende Beschilderung deutlich machen, dass die betreffenden Ortsdurchfahrten gesperrt sind. Unser gemeinsames Ziel ist ein besserer Verkehrsfluss – und spürbare Entlastung für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Dies habe ich auch Herrn Landrat Lederer im Landkreis Rosenheim heute in einem Antwortschreiben mitgeteilt. Der Bund orientiert sich damit verstärkt an den Bedürfnissen der Menschen vor Ort und kommt Kommunen und Ländern entgegen."
Durchfahrtsverbote bei Stau ab Mitte August
Ab dem 15. August 2025 werden in mehreren Gemeinden im Landkreis Rosenheim erstmals Durchfahrtsverbote aktiviert, die bei starkem Stau auf der A8 greifen. Konkret sind das Frasdorf, unmittelbar an der A8, Rohrdorf sowie Neubeuern, die auf häufig genutzten Ausweichrouten liegen.
Ziel ist es nach Mitteilung der CSU, den sogenannten Ausweichverkehr durch Ortskerne zu verhindern, der in den vergangenen Jahren zu erheblichen Belastungen geführt hat. Die Maßnahmen gelten zunächst nur zu bestimmten Zeiten:
- Zeitraum: Freitags bis sonntags sowie an Feiertagen
- Anlass: Nur bei nachgewiesenem Stau oder stockendem Verkehr auf der A8
- Gebiet: Ortsdurchfahrten entlang der Ausweichrouten
- Beschilderung: Neue Verkehrsschilder mit Durchfahrtsverboten werden an neuralgischen Punkten aufgestellt
- Autobahnkommunikation: LED-Hinweistafeln auf der A8 informieren Autofahrer über die geltenden Sperrungen
- Kontrollen: Die Polizei überwacht die Einhaltung stichprobenartig vor Ort
Der reguläre Ziel- und Anliegerverkehr soll weiterhin möglich bleiben. Für den reinen Durchgangsverkehr jedoch wird das Abfahren an bestimmten Anschlussstellen de facto unterbunden, auch wenn keine physische Sperre der Ausfahrten erfolgt.
StVO erlaubt Durchfahrtsbeschränkungen
Die Maßnahmen stützen sich auf die Regelungen der Straßenverkehrsordnung (StVO). Diese erlaubt Verkehrsbeschränkungen, wenn eine erhebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit oder eine unzumutbare Belastung der Anwohner vorliegt. Zuständig für die Anordnung ist das Landratsamt Rosenheim als lokale Straßenverkehrsbehörde. Es muss jeweils dokumentieren, dass die Bedingungen für eine Sperrung gegeben sind – etwa durch Staudaten, Lärmwerte oder Umweltbelastungen.
Ein explizites "Abfahrtsverbot" auf der Autobahn sieht die StVO nicht vor. Der Bund wählt deshalb einen indirekten Weg: Das Abfahren selbst bleibt formal erlaubt, der anschließende Verkehr durch die Orte wird jedoch rechtlich unterbunden. Damit können Autofahrer ohne Ziel in der Region die Strecke nicht mehr als Ausweichroute nutzen.
Jahrzehntelange Forderungen aus der Region
Staus auf der A8 haben seit Jahren gravierende Auswirkungen auf die Gemeinden im Chiemgau. Am 2. Juli 2025 reagierten 15 Bürgermeister gemeinsam mit Landrat Otto Lederer auf diese Lage und richteten ein Schreiben an das Bundesverkehrsministerium. Sie forderten situationsabhängige Abfahrts- und Durchfahrtsverbote für den überregionalen Verkehr an Wochenenden und in Ferienzeiten.
Diese konzertierte Initiative brachte Bewegung in die Sache: Erstmals signalisierte das Bundesverkehrsministerium Zustimmung zu entsprechenden Maßnahmen. Die Unterstützung aus Berlin schuf die Grundlage für die jetzt beginnende Umsetzung.
Politische Rückendeckung: Paradigmenwechsel auf Bundesebene
Im Sommer 2025 erfolgte nun der grundlegende Kurswechsel. Verkehrsstaatssekretär Ulrich Lange erklärte öffentlich, dass Durchfahrtsverbote für den Ausweichverkehr nicht nur zulässig seien, sondern vom Bund ausdrücklich gewünscht werden. Er versprach den Gemeinden schnelle Unterstützung und bezeichnete die Belastung im Raum Rosenheim als "nicht länger hinnehmbar", sagte er dem BR.
Das Bundesverkehrsministerium unterstützt die Umsetzung konkret durch die Bereitstellung technischer Infrastruktur, wie LED-Hinweistafeln an der Autobahn. Zudem bestätigte Lange, dass auch andere Regionen bei vergleichbarer Belastung entsprechende Maßnahmen ergreifen dürfen.
MdB Daniela Ludwig (CSU) sprach in diesem Zusammenhang von einem "Paradigmenwechsel zum Schutz der Bevölkerung". Auch Landrat Lederer begrüßte die neue Linie: Endlich gebe es rechtliche Klarheit und politische Unterstützung für eine Maßnahme, die die Gemeinden seit Jahren fordern.
Zustimmung, aber auch Herausforderungen
Die Kommunen im Landkreis Rosenheim sehen in den Durchfahrtsverboten einen wichtigen Schritt zur Entlastung. Viele Bürgermeister begrüßen die Entscheidung als lange überfällig. Auch Anwohner- und Umweltinitiativen zeigen sich erleichtert: Sie hoffen auf mehr Ruhe, saubere Luft und sicherere Straßen in ihren Orten.
Allerdings gibt es auch Hinweise auf praktische Herausforderungen. Die Durchsetzung der Verbote ist kontrollintensiv und erfordert eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei. Zudem könnte sich der Ausweichverkehr auf andere Nebenrouten verlagern, was neue Probleme schaffen würde. Der ADAC fordert daher eine klare Ausschilderung und transparente Kommunikation gegenüber Autofahrern, um Irritationen zu vermeiden.
Stellungnahme des Bundesverkehrsministeriums
Gegenüber auto-motor-und-sport.de erklärte das Verkehrsministerium in Berlin: "Die Niederlassung Südbayern der Autobahn GmbH des Bundes hat als unmittelbare Reaktion auf die Diskussionsrunde "Jetzt red i" vom 16.07.2025 für zukünftige Baumaßnamen auf der Autobahn A8 in der Region Rosenheim, bei denen erhebliche verkehrliche Auswirkungen im nachgeordneten Straßennetz erwartet werden, einige Sofortmaßnahmen festgelegt. Dazu gehören das Aufstellen von weißen Hinweistafeln "Bei Stau auf der Autobahn bleiben", sowie die Anbringung von digitalen Anzeigetafeln, die die Möglichkeit bieten, auf verkehrsrechtliche Einschränkungen und Sperrungen im nachgeordneten Straßennetz hinzuweisen – soweit dies örtlich möglich ist."
Dabei handele es sich nicht um Abfahrtverbote von der Autobahn, sondern um Hinweise auf Verbote im nachgeordneten Netz. Zudem sollen künftig eine verstärkte Information und Einbindung von Gemeinden und Feuerwehren bei der Planung und Vorbereitung von Baumaßnahmen erfolgen. "Für verkehrsrechtliche Anordnungen im nachgeordneten Straßennetz, wie etwa Durchfahrtverbote, auf die auf der Autobahn hingewiesen werden kann, sind jedoch die jeweiligen Landesbehörden zuständig. Insofern hängt es auch von diesen ab, wie schnell eine Umsetzung erfolgen kann", so da Ministerium.
Eine höhere Kontrolldichte der Polizeibehörden des Freistaats Bayern führe dazu, dass die Verbote befolgt und die betroffenen Straßen somit entlastet werden. "Die Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung gelten bundesweit einheitlich. Ob die Voraussetzungen für Verkehrsbeschränkungen erfüllt sind, ist im jeweiligen Einzelfall durch die zuständigen Behörden vor Ort zu prüfen", heißt es abschließend.