Kostet der Sprit bald 3 Euro?
Das Öl-Embargo gegen Russland dürfte massive Auswirkungen auf den Spritpreis in Deutschland haben. Eine Region in Deutschland wäre besonders betroffen.
Der Osten Deutschlands wird bei einem Öl-Embargo zum Hauptschauplatz. "Dort wird es rumpelig werden", kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für den Fall eines sofortigen Import-Stopps von Rohöl an. "Wir können nicht garantieren, dass die Versorgung immer gewährleistet ist." Es werde "sicherlich hohe Preissprünge geben" oder "zeitlichen Ausfall". Aber das heiße eben nicht mehr, "dass wir als Land, als Nation in eine Ölkrise reinrutschen werden". Um diese Aussagen zu verstehen, muss man die komplizierte Raffinerie- und Logistik-Struktur in Deutschland kennen.
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Abhängigkeit von russischem Öl
Erst am Sonntag (1.5.2022) hatte das Bundeswirtschaftsministerium seinem zweiten Fortschrittsbericht zur Abhängigkeit von russischen Rohstoffen vorgelegt. 2021 stammten demnach 35 Prozent der Rohölimporte aus Russland – ein Drittel kam per Schiff nach Westdeutschland, zwei Drittel über die Druschba-Pipeline zu den Raffinerien in Schwedt in Brandenburg und Leuna in Sachsen-Anhalt. Die Rohöl-Bezieher im Westen haben nach dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts bereits neue Lieferanten akquiriert. Auch der französische Öl-Konzern Total als Betreiber der Leuna-Raffinerie will bis Ende 2022 auf russisches Öl verzichten und kann gegebenenfalls schon früher aussteigen. Nach eigenen Angaben produziert das Werk im Jahr drei Millionen Tonnen Benzin für rund 1.300 Tankstellen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.
Durch die Maßnahmen sei nach Angaben von Habeck der Anteil an den russischen Importen auf zwölf Prozent gesunken – und dieser Anteil entfällt auf die "PCK"-Raffinerie in Schwedt. Das Problem: An PCK ist der russische Energiekonzern Rosneft beteiligt. Erst unlängst wurde die große Mehrheit der Anteile (91,67 Prozent) von den Russen übernommen, die Anteilsübernahme ist derzeit noch in der Prüfung beim Bundeswirtschaftsministerium. Die Anlage deckt rund 25 Prozent der Erdölbedarfs in Deutschland und verarbeitet im Jahr zwölf Millionen Tonnen Rohöl oder 220.000 Barrel pro Tag (Benzin, Diesel, Heizöl). Sie versorgt Berlin und Brandenburg zu fast 90 Prozent mit Kraftstoff.
Versorgungssicherheit kostet Geld
Die Versorgungssicherheit im Osten hängt daher im Wesentlichen von drei Faktoren ab. So bräuchte die PCK-Raffinierie andere Rohöllieferanten, die Produktion müsste auf andere Ölsorten umgestellt werden und etwaige Produktionsausfälle müssten durch Lieferungen aus anderen Teilen Deutschlands per Zug oder Lkw kompensiert werden. Das sorgt für zusätzlich Kosten.
"Aus technischer Sicht wäre eine alternative Versorgung der Schwedt-Raffinerie über den Hafen Rostock und Danzig möglich", heißt es im Energiesicherheitsbericht. Allein 60 Prozent des Bedarfs seien über Rostock abdeckbar, mit einer Erweiterung möglicherweise bis zu 90 Prozent, so der Energieexperte Steffen Bukold in einer Studie für Greenpeace.
"Die große Frage ist, inwieweit Rosneft als russischer Eigentümer der Raffinerie [in Schwedt, Anm. der Red.] bereit ist, anderes Öl zu verarbeiten", zitiert T-Online Joachim Ragnitz, den stellvertretenden Leiter der Dresdener Niederlassung des Ifo-Instituts. "Wenn nein, bleibt wohl nur die Verstaatlichung der Raffinerie". Hier könnte es eine treuhänderische Verwaltung des Konzerns nach dem Vorbild von Gazprom Germania geben. Grundlage könnte dann eine Novelle des Energiesicherungsgesetzes sein.
Kosten treiben den Sprit-Preis
Neben der teuren Versorgung via Tankschiff ist Öl aus anderen Staaten auch wegen der weltweiten Nachfrage nach Alternativen zu russischem Öl zudem deutlich teurer. Die Nordsee-Sorte "Brent" oder die amerikanische Sorte "WTI" kosten im Vergleich zum russischen "Urals" 30 Dollar mehr je Barrel (159 Liter).
All diese Faktoren lassen den Preis für Kraftstoffe in die Höhe schnellen, kurzfristig könnte Benzin sogar die Drei-Euro-Marke knacken. "Dauerhafte Benzinpreis-Höhen von drei Euro pro Liter sollten eher unwahrscheinlich sein", sagt Energieexperte Manuel Frondel vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung der "Rheinischen Post".
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