Teurer Schwarzmarkt für Fahrprüfungs-Termine
In Großbritannien warten Fahrschüler fünf Monate auf ihre Prüfung. Den Behörden gelingt es nicht, ausreichend Fahrprüfer zu aktivieren. Inzwischen verhökern Geschäftemacher Prüfungstermine für 350 Euro.
Während hierzulande der Führerscheinerwerb bald nur noch für Wohlhabende möglich ist, weil die Durchschnittskosten laut ADAC je nach Region 2.500 Euro bis 4.500 Euro betragen, müssen Fahrschüler in Großbritannien schon in die Tasche greifen, um überhaupt einen Termin für die Prüfung zu ergattern. In mehr als der Hälfte der britischen Fahrzentren ist die Wartezeit auf eine Prüfung auf über fünf Monate hochgeschnellt. Im Landes-Durchschnitt muss ein Fahrschüler inzwischen mindestens fünf Monate auf eine Möglichkeit zur Prüfungsteilnahme warten, wie Autocar berichtet.
Daten der zum britischen Verkehrsministerium gehörenden Prüfungs-Behörde Driver and Vehicle Standards Agency (DVSA) zufolge warten Fahrschüler in 57 Prozent der Prüfungszentren mehr als ein halbes Jahr auf ihre Prüfung. Damit hat sich die Wartezeit innerhalb eines Jahres verdoppelt. Die Durchschnitts-Wartezeit von fünf Monaten betrug vor einem Jahr noch 3,5 Monate. Verantwortliche britischer Fahrschulen sehen als Grund für die langen Wartezeiten ein Versäumnis der DVSA: Diese habe keine Maßnahmen ergriffen, um den während der Corona-Pandemie angestauten Bedarf abzuarbeiten.
Abzocker auf Schwarzmarkt
Die langen Wartezeiten haben zur Entstehung eines Schwarzmarkts geführt: Fahrlehrer buchen Prüfungen für Schüler, die sie nicht unterrichten und Schüler buchen Prüfungstermine, die sie nicht nutzen möchten. Teilweise verwenden diese Personen automatisierte Programme, sogenannte Bots, die massenweise Prüfungstermine sofort nach deren Veröffentlichung im Internet buchen – viel schneller, als ein Mensch es könnte. Die Testplätze sind dann für Preise zwischen 200 und 300 Pfund (aktuell umgerechnet circa 233 bis 350 Euro) auf Internetplattformen im Angebot, während die tatsächlichen Kosten zwischen 62 und 75 Pfund (72 und 87 Euro) betragen.
Die DVSA verbietet im Rahmen ihrer aktualisierten Geschäftsbedingungen solche Geschäfte inzwischen. 800 Geschäftskonten hat sie kürzlich wegen Missbrauchs des Terminbuchungs-Systems geschlossen – über Drittanbieter-Apps blüht der Schwarzmarkt aber weiter. Als weitere Maßnahme müssen Prüfungs-Kandidaten jetzt zehn volle Werktage vor der Prüfung absagen, wenn sie nicht zur Prüfung antreten wollen. Bisher hat diese Frist nur drei Tage betragen. Wer die Frist nicht einhält, muss die Gebühren auch ohne Prüfung zahlen.
Prüfer-Job unattraktiv
Allerdings weisen die Fahrlehrer darauf hin, dass diese Maßnahme nur ein Versuch sei, die Symptome des Rückstands zu bekämpfen. Angebot und Nachfrage passen nicht zusammen – dies sei das eigentliche Problem, das es zu lösen gilt. Aktuell beschäftigt die DVSA 1.600 Prüfer, im Laufe des Jahres sollen 450 weitere hinzukommen. Ob dies gelingt, ist fraglich. So berichten Londoner Fahrlehrer, dass die DVSA ihnen Stellen als Prüfer angeboten habe. Allerdings müssten sie im Vergleich zu ihren aktuellen Jobs mit erheblichen Gehaltseinbußen rechnen und die Arbeitsbedingungen seien schwierig. Was die Situation zusätzlich verschärft: 2025 geben 130 Prüfer ihren Job auf.
Die Fahrlehrer betonen, dass die langen Wartezeiten für ihre Schüler hohe Kosten bedeuten können. So gäbe es beispielsweise Ärzte, die für ihren Job auf eine Fahrerlaubnis angewiesen sind. Sechs Monate Wartezeit wirken sich dabei unter Umständen sogar auf die Karriere aus. Und der Druck, die Prüfung im ersten Anlauf zu bestehen, ist immens hoch – fällt der Kandidat durch, darf er erst im kommenden Jahr einen nächsten Versuch starten.
Fahrerlaubnis wichtiger Wirtschaftsfaktor
Der Besitz einer Fahrerlaubnis ist auch in Großbritannien ein Wirtschaftsfaktor – die Verkürzung der Prüfungs-Wartezeit soll die Wirtschaft stärken. So warnt das britische Verkehrsministerium DfT (Department for Transport), dass der Anteil an 17- bis 20-Jährigen mit Fahrerlaubnis von 35 Prozent im Jahr 2019 auf 29 Prozent im Jahr 2023 gesunken ist. Einige derjenigen, die auf ihre Fahrprüfung warten, seien in dieser Zeit "wirtschaftlich inaktiv" – das heißt, sie sind weder berufstätig noch machen sie eine Ausbildung.