Ergebnis gut, Pace enttäuschend
Ferrari gelang in Mexiko ein Big Point im Kampf gegen McLaren um Rang drei in der WM-Wertung. Dennoch zeigte sich Teamchef Mattia Binotto nach dem Rennen nicht ganz zufrieden mit der Leistung. Carlos Sainz sieht noch Verbesserungsbedarf beim Thema Stallregie.
Nach einem etwas durchwachsenen ersten Teil der Saison hat Ferrari wieder in die Erfolgsspur zurückgefunden. Charles Leclerc und Carlos Sainz konnten in den letzten Rennen regelmäßig fette Punkte für die Scuderia einfahren. Mit den Plätzen fünf und sechs in Mexiko überholte das italienische Traditionsteam nun endlich auch McLaren im Konstrukteurspokal.
Während die britische Konkurrenz nur einen einzigen Punkt einsammelte, schaufelten die beiden roten Raketen satte 18 Zähler auf das Teamkonto. Dadurch liegt man nun, vier Rennen vor dem Ende der Saison, bereits 13,5 Zähler vor den Rivalen um die Bronze-Medaille. Beim Blick auf den Verlauf der Formkurven ist es schwer vorstellbar, dass McLaren noch einmal die Wende schafft.
Abstand zur Spitze zu groß
Dennoch äußerte sich Teamchef Mattia nach dem Rennen in Mexiko nicht ganz zufrieden: "Wir hatten uns etwas mehr versprochen, was die Performance angeht. In den letzten Rennen lagen wir noch deutlich näher an den Top-Teams dran. Jetzt haben uns neun Zehntel pro Runde gefehlt. Auch die Niederlage gegen Gasly zeigt, dass wir zu kämpfen hatten. Ich hatte eigentlich gedacht, dass wir den Alpha Tauri schlagen können."
Die Piloten hatten vor dem Rennwochenende sogar die Hoffnung geäußert, dass man vielleicht sogar die Top-Teams ein bisschen ärgern kann. Der Luftwiderstand und die Motorleistung spielen in Mexiko keine so große Rolle. Die Ferrari.Schwächen fallen also nicht so stark ins Gewicht. Mit dem Paket für viel Abtrieb wollte man ähnlich auftrumpfen wie zum Beispiel in Monaco oder Baku.
"Seit Monaco ist viel passiert", analysierte Leclerc nach dem Mexiko-Rennen. "Die Top-Teams haben ihre Autos stärker weiterentwickelt als wir. Red Bull ist jetzt auf vielen Strecken deutlich weiter weg von uns. Das zeigt uns, in welchen Bereichen wir noch Rückstand haben. Die größte Überraschung war aber Alpha Tauri. Die waren das ganze Wochenende mindestens so schnell, wenn nicht ein Zehntel schneller, als wir."
Zwei Ferrari gegen einen Alpha Tauri
Nach der Quali-Niederlage gegen Gasly hatten sich die Strategen der Scuderia eine besondere Taktik zurechtgelegt. Mit vereinter Kraft sollten Leclerc und Sainz den Gegner niederringen. Die Strategien wurden gesplittet. Der Plan sah vor, den Alpha Tauri mit einem frühen Stopp an die Box zwingen. Das Schwesterauto sollte dann mit dem Reifenvorteil eines späteren Stopps am Ende des Rennens zuschlagen.
Weil Leclerc im Startgetümmel an Sainz vorbeigehen konnte, war es der Monegasse, der als direkter Gasly-Verfolger den ersten Zug machte. Wie geplant musste der Alpha Tauri den Undercut-Angriff direkt kontern. Und wie geplant blieb Sainz im zweiten Ferrari länger draußen. Schon vor dem Rennen war klar, dass der Pilot mit den frischeren Reifen irgendwann auf den Teamkollegen auflaufen wird. Deshalb wurde abgemacht, die Positionen ohne einen großen Kampf und Zeitverlust zu tauschen.
Doch dann erwies sich die Situation doch etwas komplizierter als gedacht. "Als ich den Funkspruch bekam, war ich gerade dabei, Russell und Stroll zu überrunden", erinnert sich Leclerc. "Da haben wir mit dem Platzwechsel noch eine Runde gewartet. Bei freier Fahrt konnte ich eine Sekunde von Carlos wegziehen. Ich bekam dann die Information, dass wir den Platzwechsel erst einmal verschieben. Erst zwei Runden danach kam die endgültige Stallregie-Ansage."
Verzögerung bei Stallregie
Sainz war nicht ganz glücklich damit, wie der Kommandostand die Situation löste: "Das Ganze war etwas unübersichtlich. Ihm wurde gesagt, dass er mich vorbeilassen soll. Aber gleichzeitig musste er versuchen, die blauen Flaggen zu nutzen. In dieser Phase habe ich wohl zwei, drei Sekunden verloren. Wir müssen als Team schauen, wie wir daraus lernen um es in Zukunft besser zu machen."
Am Ende machte es im Ergebnis keinen Unterschied. Gasly war an diesem Tag einfach zu schnell für das Scuderia-Duo. Also brach Sainz die Jagd kurz vor Schluss ab und stellte die ursprüngliche Reihenfolge im Team wieder her. Binotto freute sich über das Teamwork: "Beide Autos haben gut zusammengearbeitet. Es ist nicht so leicht, die Position wieder zurückzugeben, wenn man schon sechs Sekunden vorne liegt."
Sainz sieht Mexiko als eine Übung für vergleichbare Situationen in der Zukunft, wenn es dann hoffentlich um mehr geht als nur den vierten Platz: "Es ist wichtig, dass wir uns darauf verlassen können, dass eine Stallregie auch befolgt wird. Man muss in solchen Situationen ruhig bleiben und es auch akzeptieren, wenn man mal benachteiligt wird. Es könnte in den nächsten Jahren noch wichtig werden, dass wir mit solchen Platzwechseln gut umgehen können. Wir haben gezeigt, dass wir mehr für das Team als für uns selbst fahren."
Duell mit McLaren nicht entschieden
Aktuell geht es aber noch nicht um Siege, sondern nur um den dritten Platz im Konstrukteurspokal. In den 13,5 Punkten Vorsprung vor McLaren sieht Leclerc noch keine Vorentscheidung: "Der Kampf bleibt sehr eng. Auf manchen Strecken sind wir etwas vorne, auf anderen vielleicht sie. Es kommt darauf an, welches Team weniger Fehler macht. Dieses Team wird sich am Ende durchsetzen. Es war in Mexiko wichtig, dass wir die Gelegenheit nutzen konnten, während McLaren Probleme hatte."
Sainz warnt allerdings davor, das Mexiko falsch zu interpretieren: "Bis zur ersten Kurve lag ein McLaren noch vor beiden Ferrari. Das darf man nicht vergessen. Sie haben immer noch ein gutes Auto und gute Starts. Und wenn noch Strecken wie Monza oder Sotschi kommen, wo sie meilenweit vor uns lagen, wird es immer noch schwer sein sie zu bezwingen. Immerhin erlaubt uns das Motor-Upgrade, dass wir jetzt auf allen Strecken eine Chance haben, gegen sie zu kämpfen."
Schon in Brasilien gibt es für McLaren die erste Chance zum Konter. Teamchef Binotto wird den Samba-Grand-Prix erneut aus der Zentrale in Maranello verfolgen. Damit spart sich das Oberhaupt in der intensiven Phase der Saison unnötige Reisezeit. Wer glaubt, dass das Auslassen eines Übersee-Rennens weniger Stress bedeutet, der liegt aber falsch.
"Es ist sehr anstrengend wegen der Zeitverschiebung. Man muss ja den Tag über normal arbeiten. Und am späten Abend ist man dann mit Mexiko beschäftigt", erklärt der Italiener. "Aber ich finde, dass es notwendig ist, zu dieser Zeit des Jahres in der Fabrik anwesend zu sein. Ich bin von hier direkt verbunden mit dem Kommandostand. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Es ist eine sehr effiziente Lösung."