Der letzte V12 mit Handschaltung?

Ein V12 mit Handschalter – im Zeitalter von Hybriden und Doppelkupplungen eine fast vergessene Kunst. Der Pagani Huayra Codalunga Speedster pflegt sie kompromisslos – und setzt einen neuen Maßstab in der Königsklasse der Supersportwagen.
Ein Pagani mit AMG-Motor – das ist keine Überraschung, sondern eine langjährige Tradition. Seit 1999 arbeitet Pagani mit Mercedes-AMG zusammen, um maßgeschneiderte V12-Motoren zu entwickeln, die exklusiv in Pagani-Fahrzeugen zum Einsatz kommen. Diese Partnerschaft begann mit dem Zonda und setzt sich mit dem aktuellen Huayra Codalunga Speedster fort. Der Codalunga Speedster vereint die meisterhafte Technik von AMG mit der unverwechselbaren Designphilosophie von Pagani und bietet so ein unvergleichliches Fahrerlebnis.
Horacio Pagani gibt sich nicht mit dem Mittelmaß zufrieden. Als Composite-Experte bei Lamborghini sucht er früh nach einem Motorenpartner, der seine Vorstellung von Perfektion teilt. AMG – damals noch ein aufstrebender Spezialist in Affalterbach – liefert mit dem M120-V12 für den ersten Zonda nicht nur Leistung, sondern auch Charakter. Seither verbindet die beiden Marken eine fast drei Jahrzehnte währende Partnerschaft.
Der M158-V12 im Codalunga Speedster ist keine Adaption, er wurde ausschließlich für Pagani entwickelt. Kein Serien-Mercedes nutzt dieses Triebwerk. Jeder Zylinder, jede Leitung, jedes Steuergerät folgt nur einem Ziel: maximale Emotionalität bei maximaler Kontrolle.
Der M158-V12: Präzision trifft Charakter
6,0 Liter Hubraum, 60 Grad Zylinderwinkel, zwei Turbolader – der M158 leistet 864 PS bei 6.000/min und liefert 1.100 Nm Drehmoment ab 2.800/min. Doch seine Kennzahlen sind nur die Spitze des Eisbergs. Die wahre Kunst liegt in der Integration.
Im Huayra Codalunga Speedster sitzt der Motor tief im Kohlefaser-Monocoque, direkt hinter den Sitzen. Ideal für die Gewichtsverteilung. Die Kraft gelangt über ein quer eingebautes Siebengang-Getriebe von Xtrac an die Hinterräder. Käufer können zwischen einem automatisierten Schaltgetriebe und einem klassischen Handschaltgetriebe wählen. Das ist im Hypercar-Segment äußerst selten zu finden, kommt bei den Kunden allerdings gut an.
Der Schaltknauf selbst ist ein Kunstwerk: offengeführte Schaltkulisse, poliertes Aluminium, eingefasst in Mahagoni. Die Abgasanlage aus Titan und Keramik orchestriert den Klang in sechs Endrohren – vier davon oben, zwei im Diffusor – und gibt dem Motor seine stimmgewaltige Bühne.
Italienisches Temperament mit schwäbischem Triebwerk
So viel deutsche Technik – und doch bleibt der Codalunga ein Kind der Emilia-Romagna. Die Linienführung zitiert Le-Mans-Prototypen der 60er-Jahre, das Interieur gleicht einem Haute-Couture-Atelier. Über 450.000 Stickstiche zieren Türverkleidungen, Sitze und Mittelkonsole, verarbeitet auf einem exklusiv für dieses Modell entwickelten Gewebe.
Pagani vereint Mahagoni, gebürstetes Aluminium, Carbonfaser und Leder zu einem Design, das weit entfernt ist vom Funktionalismus deutscher Supersportwagen. Und genau darin liegt der Unterschied: Der AMG-V12 liefert die technische Basis – das Pagani-Gefühl entsteht durch Gestaltung, Material und Detailbesessenheit.