Kilometerstände wegen Garantie manipuliert?
Teslas Kilometerzähler sollen angeblich zu schnell laufen, um die Garantie zu verkürzen – das behaupten Kläger in den USA. Elon Musk ist wegen der Vorwürfe wütend.
In den USA hat ein Tesla-Fahrer den Elektroautohersteller verklagt – angeblich zeigt der Kilometerzähler seines Autos absichtlich zu hohe Kilometerstände an, um die Garantie zu verkürzen. Auf diese Weise wolle Tesla Reparaturkosten sparen.
Kläger Nyree Hinton aus Los Angeles fährt ein Tesla Model Y aus dem Baujahr 2020, das er im Dezember 2022 mit einem Kilometerstand in Höhe von 36.772 Meilen (59.179 Kilometer) gekauft hat. Innerhalb der vergangenen Jahre habe er durch Vergleich mit den täglichen Laufleistungen seiner anderen Fahrzeuge festgestellt, dass der Kilometerzähler seines Teslas im Schnitt um zirka 15 Prozent zu schnell laufe. Hinton betont gegenüber Reuters, dass er in Spitzenzeiten pro Tag 20 Meilen (32 Kilometer) gefahren sei, sein Model Y ihm aber sogar 72 Meilen (116 Kilometer) angezeigt habe.
Schneller aus der Garantie raus
Infolge der zu hohen Laufleistung sei die 50.000-Meilen-Basisgarantie (80.467 Kilometer) deutlich früher abgelaufen. Damit hätte Tesla eine 10.000 Dollar (aktuell umgerechnet zirka 8.700 Euro) teure Reparatur der Aufhängung nicht übernommen, die aus Sicht des Klägers bei einer regelkonformen Laufleistungsmessung noch von der Garantie abgedeckt gewesen wäre. In der beim US-Bezirksgericht in Los Angeles eingereichten Beschwerde mit der Nummer Nr. 25-02877 wirft Hinton dem Elektroautohersteller vor: "Indem Tesla Garantiegrenzen und Kilometerbegrenzungen bei Leasingverträgen an überhöhte Kilometerstände knüpft, steigert das Unternehmen die Reparatureinnahmen, reduziert die Garantieverpflichtungen und zwingt die Verbraucher, vorzeitig erweiterte Garantien zu erwerben."
Tesla scheint die Laufleistung seiner Fahrzeuge anders als üblich zu messen. Die meisten Autohersteller nutzen Radsensoren, die die tatsächlich gefahrene Strecke messen. Aus der Klageschrift geht allerdings hervor, dass Tesla die gefahrenen Distanzen nicht oder nicht nur misst, sondern auch das Fahrverhalten und den Energieverbrauch in die Messung mit einrechnet. Den dafür genutzten Algorithmus haben die Tesla-Verantwortlichen bisher nicht veröffentlicht. Sollte Tesla tatsächlich auf diese Weise die gefahrenen Distanzen bestimmen, wären systembedingte Fehler möglich. Bei einem erhöhten Energieverbrauch, der auch durch die Nutzung der Heizung/Klimaanlage entstehen kann, könnte das System auf eine erhöhte Laufleistung schließen.
Musk bezeichnet Vorwürfe als "idiotisch"
Nyree Hinton fordert im Zuge seiner Klage jetzt Schadensersatz von Tesla – für sich und andere Tesla-Fahrer in Kalifornien. Hintons Anwälte gehen davon aus, dass in dem US-Bundesstaat insgesamt eine Million Fahrzeuge betroffen sind. Anscheinend will Hinton nicht allein gegen Tesla vorgehen, sondern gemeinsam mit anderen Tesla-Fahrern im Rahmen einer Sammelklage.
Tesla-Chef Elon Musk kommentiert die Vorwürfe auf der Social-Media-Plattform X wütend mit "This is idiotic."
Tesla braucht gute Nachrichten
Die Beschwerde kommt für Tesla zu einem ungünstigen Zeitpunkt – der Aktienkurs des Herstellers hat binnen eines Jahres mehr als 40 Prozent an Wert verloren und der Absatz der Modelle schwächelt. Insbesondere der Lifestyle-Pick-up Cybertruck verkauft sich erheblich schlechter als von den Tesla-Verantwortlichen erhofft. Die Frage um die angeblich manipulierten Kilometerstände könnte die US-Verkehrsbehörde NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) zu einer Untersuchung der Vorgänge veranlassen. Sollte die Behörde Manipulationen feststellen, wären Rückrufe und möglicherweise auch Strafzahlungen die Folge. Außerdem senken hohe Laufleistungen meistens den Wert eines Fahrzeugs. In dieser Hinsicht könnte Tesla Ärger mit Verkäufern von gebrauchten Tesla-Modellen drohen.