Wandern, Bummeln und Genießen in Südtirol

Wir düsen mal kurz nach Meran, tingeln ein bisschen drum herum und essen herausragend. Unsere Highlights: Schloss Tirol, die Gärten von Trauttmansdorff und eine schöne Therme.
Wir aus dem Süden Deutschlands haben’s natürlich leicht. Die Anreise nach Südtirol ist fast ein Katzensprung, da lohnt der Besuch fast schon über das lange Wochenende. Zu erleben und zu bestaunen und zu entdecken gibt’s viel, aktiv wie passiv. So viel, dass wir uns in dieser Gebrauchsanweisung auf das Herz konzentrieren, auf Meran. Tatsächlich taugen die Stadt mit dem mondänen Nimbus und ihre nähere Umgebung ziemlich gut, um eine Ahnung von Südtirol zu bekommen.
Wer Zeit hat, nimmt für die Anreise je nach Jahreszeit die schöne Route durch das Ötztal, via Sölden und Obergurgl und anschließend über das Timmelsjoch. Bis in den Oktober ist der Pass geöffnet, und besonders die spitzkehrige Abfahrt ist im Herbst, wenn links und rechts der Straße golden die Lärchen leuchten, ein Genuss.
Etwas schneller ist die Route über den Brenner. Bei Sterzing führt die Straße über den Jaufenpass Richtung St. Leonhard und schwingt sich von da gemächtlich durchs hübsche Passeiertal. Die Landschaft wechselt von wild nach mild. Es wird mediterran, die ersten Palmen flankieren die Straße, und unübersehbar breiten sich Apfelplantagen aus. Nach Meran sind’s – immer an der Passer entlang – nur noch ein paar Kurven.
Bummel durch die Stadt
Wir haben Glück, finden am Rand der 40.000-Einwohnerstadt einen legalen Parkplatz für den Bus und schlendern von dort ins beschauliche Zentrum. Bummeln durch die Meraner Lauben, die von Arkadengängen gesäumte, mittelalterliche Altstadt. Ein bisschen shoppen, an der Passerpromenade in der alten Wandelhalle aus dem 19. Jahrhundert einkehren. Ein Apfelstrudel zum Kaffee ist die perfekte Einstimmung, um anzukommen in Südtirol.
Gestärkt nehmen wir die Winterpromenade in Angriff, und weil noch genug Energie in den Füßen steckt, zieht es uns hinauf zum Tappeinerweg bis zum kantigen Pulverturm. Allein die Aussicht über fast das gesamte Etschtal von Lana im Süden bis ins Vinschgau im Westen war jeden Schritt hier herauf wert.
Von überall gut sichtbar: Schloss Tirol
Statt auf dem zentrumsnahen Campingplatz installieren wir uns auf dem schöner gelegenen, gut ausgestatteten Stellplatz Schneeburghof (mit Dusche) in Dorf Tirol oberhalb von Meran. Das Basislager für die nächsten Tage. Morgen spazieren wir ins Dorf hinauf und über die Falknerpromenade zur Stammburg des Landes. Ein milder, sonniger Tag im Frühherbst, fast noch sommerlich.
Von der Promenade schaut man ins obere Etschtal, und schon von Weitem rückt das trutzige Schloss Tirol ins Sichtfeld. Noch ein paar hundert Meter, dann durch den Tunnel und hinein in die Historie der Burg. Deren Substanz reicht bis ins 11. Jahrhundert zurück. Frühe romanische Reliefs um den Torbogen am Haupthaus sind als urtümliche Zeugen dieser Zeit übrig geblieben.
Im massigen Burgfried – dem Turm der Erinnerungen – erzählt eine Ausstellung von der bewegten Geschichte Südtirols, von der frühen Bedeutung als Durchgangsstation an den Handelsrouten über die Alpen, der Zugehörigkeit zum österreichischen Kaiserreich, der Rolle Tirols in der Napoleon-Ära, dem Anschluss an Italien 1920, von der Zeit des Faschismus und des Zweiten Weltkriegs.
Trotz des Umsiedlungspakts zwischen Hitler und Mussolini 1939 entscheiden sich viele Einwohner für den Verbleib in der Heimat. Bis heute haben sich die Südtiroler staatsrechtlich, sprachlich und auch mental ihre Eigenständigkeit bewahrt. Üblicherweise kann man sich problemlos in Deutsch verständigen. Die Zeitreise geht weiter über die 1960er Jahre, die Erlangung der Selbstverwaltung bis ins Hier und Jetzt. Viel Input und was zum Nachdenken.
Zur Abwechslung ein bisschen Botanik?
Schloss Trauttmansdorff lohnt nicht nur für Blumenkinder einen Abstecher. Allerdings blüht jetzt im Herbst natürlich nicht mehr so viel. Dafür freuen wir uns, dass die Schlange am Eingang etwas kürzer ist als sonst. Obwohl im Herbst hier in Südtirol Hochsaison herrscht. Überall reifen die Esskastanien, der Törggelen-Brauch wird mit viel Genuss, neuem Wein und allerhand Leckereien begangen. Auch auf den Campingplätzen ist viel los.
Die Gärten von Schloss Trauttmansdorff, wo einst Kaiserin Sissi zur Kur weilte, haben noch gar keine so lange Tradition. Erst 2001 wurden sie eröffnet. Doch der Park ist überaus abwechslungsreich angelegt – natürlich abgesehen davon, dass sich im Wesentlichen alles um Flora dreht. Beim Spaziergang durch die verschiedenen Klima- und Vegetationszonen – vorbei am Seerosenteich, durch den Palmenwald, die Anlage für mediterrane Pflanzen, die Kakteenwüste, vorbei an dem 700-jährigen Olivenbaum bis zum gruseligen verbotenen Garten direkt beim Schloss – kann man gut und gern fünf Stunden totschlagen.
Zahlreiche Routen für alle Level
Und wenn man schon mal in Südtirol ist, sollte man sich mindestens ebenso viel Zeit auch zum Wandern nehmen. Von Dorf Tirol führt die Hochmuth-Seilbahn bis zu den Berghöfen unterhalb der 2294 Meter hohen Mutspitze. So sparen wir uns den langen Aufstieg, was nicht heißt, dass es danach nicht weiter stramm bergauf geht. Die Bergstation der Bahn ist Ausgangspunkt für zahlreiche Routen für jede konditionelle Verfassung von Couchie bis Triathlet. Eine mittelschwere und mittellange Tour führt uns zunächst zum Mutkopf (1684 m), wo wir – halb ernüchtert – feststellen, dass wir uns das schwergewichtige Vesper im Rucksack hätten sparen können, denn Verpflegung gibt es hier reichlich, von der frischen Buttermilch bis zur Gerstsuppe.
Und weiter, durch Bergwälder, über steile Hochalmen. Glänzende Aussichten sind das von hier oben. Der Kopf spannt aus, das Herz pumpt und hüpft sogar ein bisschen, in den Beinen macht sich schon eine Vorahnung vom Muskelkater des nächsten Tages bemerkbar. Dem werden wir noch mit einem Kaiserschmarrn an der Longfall-Hütte Paroli bieten.
Leicht bergab lassen wir’s auslaufen. Am Tiroler Kreuz oberhalb von Dorf Tirol fallen wir in den Bus, der uns in den Ort zurückbringt. Wir werden gut schlafen am Schneeburghof heute Nacht. Und morgen vor der Rückfahrt kurieren wir in Meran in der Therme die müden Knochen. Schön war’s, wiedermal. It’s not a goodbye, it’s a see you soon, Südtirol.
Tipp: Schloss Trauttmansdorff
Oleander in den Sonnengärten, Lavendel und Seidenakazien in den Waldgärten – diese Blütenwunder und noch viele mehr können Besucher im Juni rund um Schloss Trauttmansdorff bestaunen. Der Garten bei Meran gilt als einer der schönsten in Europa. In vier Bereiche, die fließend ineinander übergehen, ist das rund zwölf Hektar große Areal gegliedert: Sonnengärten, Waldgärten, Terrassen- und Wassergärten. Aufgrund des extrem milden Klimas wachsen hier, auf der Südseite der Alpen, Pflanzen aller Kontinente. Wer also durch die Gärten spaziert, reist um die Welt – lernt asiatische Reis-Terrassen kennen, japanischen Auwald, mediterrane Landschaften oder auch ganz schlicht und ergreifend die Südtiroler Flora.
Zum Saisonauftakt im Frühjahr haben die Gärtner Trauttmansdorff in ein pralles, buntes Blütenmeer verwandelt. Besonders reizvoll im Sommer sind abendliche Konzerte auf der Seebühne, das Sonntagsfrühstück auf der Sissi-Terrasse sowie Cocktail-Abende mit DJ-Musik. Übrigens: Auf Schloss Trauttmansdorff wohnte Kaiserin Sissi zweimal während ihrer Winterkur in Meran, heute beherbergt es das Touriseum, das Südtiroler Museum für Tourismus.
Camping- und Stellplätze rund um Meran
Tourismus ist wichtig in Südtirol. Entsprechend groß ist auch die Auswahl an Campingplätzen. Die meisten sind gut ausgestattet, sehr gepflegt und nicht ganz billig. Viele liegen landschaftlich privilegiert, manchmal mitten in den Obstgärten. Typisch sind eher kleinere Anlagen, die aber häufig in Platzrestaurants feine Südtiroler Küche servieren. Geöffnet sind die Plätze bis Anfang November, manche auch im Winter. In der Hauptsaison, auch im Herbst, empfiehlt sich zu reservieren.