Ford Mondeo 1.8 GT

Ford verpaßt dem bisher so unauffälligen Mondeo ein neues
Gesicht, das sich gewaschen hat. So wie er sieht sonst keiner aus,
aber nicht nur die optische Eigenständigkeit macht den neuen Mondeo
interessant.
Dass Fische Autodesigner bei der Formfindung inspirieren, kennt man. Mal waren sie Vorbild für den sportlichen Fishtail-Auspuff. Dann ermunterten sie zum modischen Haifischgrill, oder sie veranlassten die Stylisten, ihre landgängigen Kreationen mit Flossen auszustatten. Als Chevrolet in den sechziger Jahren den Sportwagen Corvette in eine neue Haut steckte, fand sich das passende Vorbild in den Tiefen des Meeres. Das Auto sah aus wie ein Stachelrochen, und es hieß auch so: Sting Ray. Folglich fällt auch die jüngste Mode von Ford keineswegs aus dem Rahmen, abgesehen davon, dass man sich dort die Gattung der Rundmäuler zum Vorbild nahm. Nach entsprechenden Gesichtsoperationen an den Modellen Fiesta und Scorpio folgt nun der Mondeo, dessen vormals leeres Gesicht künftig ein breitlippiges Fischmaul ziert. Flankiert wird es von großen und ziemlich aggressiv dreinschauenden Leuchteinheiten, wodurch der gesamte Ausdruck etwas an einen Kampfkarpfen erinnert. Langweilig wirkt der neue Mondeo jedenfalls nicht mehr. Auch das Heck hat gewonnen. Mit größeren Leuchten und glatteren Flächen sieht es nun aufgeräumter aus.
Es handelt sich also um ein klassisches Facelift für ein Auto, das im Januar immerhin schon ins fünfte Jahr geht. Da schien es Ford an der Zeit, den Mondeo auch unter dem Blech mit Frischzellen zu versorgen. Fahrwerk und Lenkung wurden überarbeitet, das ABS modernisiert, die Motorelektronik mit neuem Kennfeld ausgestattet und die Antriebsübersetzung drehzahlsenkend verlängert. Hinzu kommen effektivere Knautschzonen, voluminösere Airbags (ab 1997 auch Seitenairbags) und überarbeitete Bedienungselemente. Ausbuchtungen in den Vordersitzlehnen schaffen hinten mehr Platz – ein Renovierungspaket mithin, das die bisherigen Schwachstellen des Mondeo zielsicher angeht. Der simple Trick mit den Sitzlehnen bringt den Beinen der Fondpassagiere zusätzliche 40 Millimeter, womit Ford zumindest den Anschluss an die Konkurrenz hält. Zum Klassenbesten reicht es allerdings nicht. Dazu fehlt es im Mondeo noch etwas an Kopfraum. Völlig ausreichend ist dagegen der Kofferraum. Er faßt 470 Liter, erweiterbar durch geteilt umklappbare Rücksitze. Mit das Beste am neuen Mondeo: Der Heckdeckel lässt sich nun auch von außen öffnen – ganz ohne Schlüssel, einfacher Knopfdruck genügt. Bleibt nur die Frage, warum Ford nicht schon früher darauf kam.
In anderer Beziehung bleibt sich der Mondeo treu, was auch sein Gutes hat. Er ist übersichtlich, leicht zu bedienen und bietet dem Fahrer eine angenehme Sitzposition, ausgenommen Sitzriesen, die lieber etwas tiefer Platz nähmen. Der Testwagen kam in der neuen Ausstattungsvariante GT, deren Sportsitze mit verstellbarer Lordosenstütze ausgezeichneten Seitenhalt bieten, aber im Bereich des Rückens etwas dürftig gepolstert sind. Gespart wurde diesbezüglich auch bei den Rücksitzen, und auch sonst macht der Mondeo klar, dass man bei Ford den Pfennig ehrt. Viel Hartplastik im Innenraum, nachlässig geschneiderte Sitzbezüge und kleinere Lackmängel gehören zu den Details, die beim Mondeo den Qualitätseindruck trüben. Von Gediegenheit, wie sie etwa der neue VW Passat ausstrahlt, ist hier nicht viel zu spüren. Auf anderen Gebieten, auch das bestätigt der Mondeo, lassen sich bei Ford in jüngster Zeit dagegen erfreuliche Fortschritte beobachten. Vor allem in der Abstimmung von Fahrwerken wurde viel dazugelernt, was dem Mondeo unter anderem eine bessere Dämpfung, verringerte Reibung in der Vorderachse und eine direktere Lenkung einbrachte.
Als GT verfügte der Testwagen aber über eine straffere Gesamtauslegung und breitere Reifen (195/60 R 15 H), was den von Ford versprochenen Komfortgewinn wieder zunichte macht. Auf Schlaglöcher und kleinere Unebenheiten reagiert der Mondeo GT ziemlich ruppig. Dafür hat er in den Fahreigenschaften das Zeug zum Klassenprimus. Sein stramm gedämpftes Fahrwerk lässt sich auch durch extreme Manöver nicht aus der Ruhe bringen, glänzt über einen weiten Geschwindigkeitsbereich mit kurvenfreundlicher Neutralität und lässt sich durch Gaswegnehmen sogar zu dezentem, leicht kontrollierbarem Übersteuern überreden. Dabei erleichtert die nicht besonders leichtgängige, aber exakte Lenkung präzises Fahren, und auch auf die kräftigen, standfesten Bremsen ist Verlass – Fahrwerksqualitäten also, die alle Voraussetzungen für erhöhten Fahrgenuss bieten. Dass er sich dann doch nicht so recht einstellen will, verdankt der Mondeo seinem Motor. Keine Frage: In seiner 1,8 Liter-Variante, wie im Testwagen eingebaut, tut sich das sogenannte Zetec-E-Aggregat schwer, die gut liegende, aber immerhin 1322 Kilogramm schwere Limousine mit angemessenem Temperament zu versorgen. Bei niedrigen Drehzahlen wirkt es schwach auf der Brust, bei höheren reichlich angestrengt, und auch mit der Laufkultur ist es nicht weit her. Die nun weiter gespreizte Getriebeabstufung macht es ihm nicht leichter. Wer es eilig hat, muss viel schalten, auch auf der Autobahn, wo der Fünfte nur als Schongang zu gebrauchen ist. Um so mehr freut man sich, dass nun der Schaltvorgang weniger Mühe bereitet. Von der neuen Getriebebetätigung per Kabel profitieren Exaktheit und Leichtgängigkeit der Schaltung. Auch die Verbrauchswerte geben kaum Anlass für Verdruss. Zwischen neun und zehn Liter pro 100 Kilometer sind die Regel. Damit ist eines klar: In der Summe seiner Qualitäten, inklusive den Preis (Mondeo 1.8 ab 35 530 Mark), braucht sich der facegeliftete Mondeo vor den neuen Konkurrenten in seiner Klasse nicht zu verstecken. Bei diesem Gesicht wäre das ja auch kaum möglich.