Honda Civic 1.6i

Die Linienführung des neuen Honda Civic nimmt – vor allem am Heckbereich sichtbar – Elemente des Vorgängers auf und gestaltet die Form einfach nur ein wenig moderner. Im Test: die 1,6-Liter-Version mit 110 PS.
Der Honda Civic ist eine Metall gewordene Ode an den japanischen Automobilbau. Nur einer Kultur, zu deren höchsten sozialen Werten der Konformismus zählt – die unbedingte Anpassung des Individuums an die Gesellschaft –, kann ein derart fein geschliffenes Instrument entstammen, wie es der Civic darstellt.
Er trifft den Ton. Schlägt nicht als exaltierte Autopersönlichkeit über die Stränge, muss sich aber auch keine Charakterlosigkeit vorwerfen lassen. Kaum ein anderes Auto in seiner Klasse zeigt so viele überraschende Eigenständigkeiten. Und ist trotzdem so völlig ohne Eigenheiten.
Schon die äußere Form des neu konstruierten Viertürers spricht eine solide, hochwertige Sprache. Allerdings mit einem sonderbar in die emotionslose Funktionalität entrückten Dialekt. Eine kurze, spitze Schnauze, die weder organisch noch technisch wirkt, weder bullig noch zierlich. Sondern einfach nur modern, geradlinig – und ziemlich japanisch. Zum Heck hin verebbt die waschstraßenkompatible Linienführung in einem gänzlich designfreien Abschluss. Der Civic stellt seinem Betrachter nur eines klar: Hallo, ich bin ein Auto.
Denselben unaufdringlichen Charme kultiviert der Civic im Innenraum. Mittels gelungener Funktionalität, vieler Ablagen, optimaler Bedienbarkeit und eines bestechend großzügigen Raumgefühls. Man sitzt im Civic etwas höher als in seinen direkten Konkurrenten aus der Golf-Klasse, und seine tiefe Gürtellinie wirkt dem beklemmenden Gefühl des Eingesperrtseins entgegen.
Dazu kommen der vollkommen ebene Boden, der ins Armaturenbrett verbannte Schalthebel und richtig viel Platz. Mit hervorragender Beinfreiheit, gutem Sitzkomfort und dem gut nutzbaren, mindestens 370 Liter fassenden Kofferraum kann der Civic getrost als überaus komfortabel und reisetauglich bezeichnet werden.
Die einzigen Kritikpunkte am Civic-Interieur: Die Führungen der Vordersitze sind labil, hakelig in der Verstellung und entsprechen so kaum der sonst bis ins Detail tadellosen Verarbeitungsqualität. Außerdem sind die Basslautsprecher der serienmäßigen Musikanlage höheren Pegeln nicht gewachsen. Harzige Tiefton-Frequenzen aus dem Synthesizer verursachen unschöne Zerr- und Vibrier-Geräusche. Das jedoch nur am Rande.
Beim Ausstattungsumfang sind nämlich kaum Beschwerden anzumelden. Die lediglich 38 400 Mark teure ES-Topversion mit dem 110 PS starken 1,6-Liter-Vierzylinder kommt mit CD-Radio, Klimaautomatik, Schiebedach, Alarmanlage und Leichtmetallfelgen. Getoppt werden kann nur durch eine Metallic-Lackierung für 700 Mark, die 2800 Mark teure Lederausstattung oder das proaktive Automatik-Getriebe (2300 Mark).
In Sachen Sicherheit bietet der Civic-Viertürer schon in der Basisausstattung Seiten-Airbags, kindersitztaugliche Sicherheitsgurte hinten und ein Isofix-System zum Verankern von Kindersitzen. Fehlanzeige allerdings beim Thema seitliche Kopfairbags oder ESP. Diese Sicherheits-Features sind nicht einmal gegen Aufpreis erhältlich.
Allerdings soll das Kompaktauto bei Fußgängerunfällen nicht als brutaler Knochenbrecher wüten: Honda will mit der glattflächigen Front des Civic, einer Fußgänger-Knautschzone, Motorhaubenscharnieren, die sich beim Aufprall verformen, und Scheibenwischerlagern mit Sollbruchstellen einiges zum Fußgängerschutz beisteuern.
Ebenfalls auf der sicheren Seite bewegt sich der Honda mit seinem leicht stuckerigen, aber trotzdem komfortablen, gutmütigen Fahrwerk und den wirkungsvollen Bremsen. Gelassen rollt der Fronttriebler einher, wirkt dank einem insgesamt niedrigen Geräuschniveau sehr kultiviert, läuft gut geradeaus, bewegt sich überaus defensiv sowie neutral durch Kurven aller Radien und schiebt erst bei deftigem Geschwindigkeitsüberschuss quietschend über die Vorderräder. Dabei quittiert der Civic selbst harte Lastwechsel nicht mit nervösen Heckschwenks.
Unterstützt wird die friedvolle, in sich ruhende Art durch die träge und etwas teigig wirkende elektrische Lenkung. Sportliche Ambitionen werden von ihr schon im Keim erstickt. Die geringen Lenkkräfte erleichtern zwar das Rangieren, dieser Vorteil wird aber durch den zu großen Wendekreis mehr als egalisiert.
Auch der laufruhige 1,6-Liter-Benzinmotor ist von zurückhaltendem Charakter. Er bringt den Honda zwar auf eine Höchstgeschwindigkeit von 187 km/h und treibt ihn in 10,9 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h; allerdings ist sein Durchzug im letzten Gang (80–120 km/h in 16,2 Sekunden) keinesfalls berauschend. Die gesamte Leistungsentfaltung wirkt harmlos und gebremst. Der Vierzylinder dreht zwar schwungvoll hoch, liefert dabei allerdings wenig fühlbaren Punch.
Nun denn. Er will eben kein Reißer sein. Allerdings empfiehlt ihn der große Durst (Testverbrauch 9,3 Liter pro 100 Kilometer) auch nicht als Spar-Alternative.
Geschwärmt werden darf im Antriebsfach erst wieder vom exzellenten Fünfganggetriebe. Das ist gut abgestuft und mit einer so kurzen und knackigen Schaltung gesegnet, dass jeder Griff zum schlanken, griffgünstig dicht beim Lenkrad platzierten Schalthebel Freude macht.
Also doch ein Traum von Harmonie.