Lexus IS 200 im Test

Reihensechszylinder, Heckantrieb, kompakte Abmessungen – die klassische Rezeptur eines Dreier-BMW. Lexus gibt diese Zutaten dem neuen Lexus IS 200 mit auf den Weg.
Lexus IS 200 ist kaum zu verwechseln
Original und Kopie sind einander oft so ähnlich, dass nur Experten sie auseinanderhalten können. Zumindest wenn es um Geldscheine oder Gemälde geht. Bei Autos bedarf es solcher Sachkenntnis bei rein äußerlicher Betrachtung in den meisten Fällen nicht, und so wird zunächst auch niemand den neuen Lexus IS 200 (Verkaufsstart: 7. Mai) mit einem Dreier. BMW verwechseln. Dafür sind die stilistischen Unterschiede zwischen der japanischen Limousine und dem deutschen Vorbild viel zu groß. Knappe Überhänge sowie eine keilförmige Linienführung allein machen noch keinen BMW, zumal Toyota besonders im Bereich der Heckpartie eine eigene Design-Sprache spricht: Kreisrunde, rot gehaltene Leuchteinheiten sorgen für einen optisch appetitlichen Abschluss.
Die Lexus IS 200-Front ist mit ovalen Scheinwerfern unauffälliger gestaltet, bekundet aber mit einem Grill nach Lexus.Manier ebenfalls das Bemühen um formale Eigenständigkeit. Ein Gedanke, der sich im Innenraum fortsetzt. Das Cockpit prägt ein sogenanntes Kombimeter im Chronographen- Look, das viele Informationen auf kleinstem Raum anzeigt – ein Styling-Gag, der leider wie so oft auf Kosten der Funktionalität geht. Schließlich wird der Blick des Fahrers, wenn er nur den Tacho ablesen will, gleichzeitig auf die darin mittig angeordneten kleinen Anzeigen für Kühlmitteltemperatur, Ladespannung und Momentanverbrauch gelenkt – eine Informationsflut, die vom Ablesen der Geschwindigkeit ablenkt.
Die herkömmliche Machart wollte Lexus aber in jeder Hinsicht vermeiden
Ein Bemühen, das man auch bei der gesamten Ausgestaltung des Interieurs deutlich spürt. Hier bricht man endlich mit der japanischen Tradition, billig glänzende Oberflächenmaterialien einzusetzen. Der etwas angerauhte und an manchen Stellen perforierte Überzug wirkt so auch hochwertiger, vermittelt aber dennoch nicht jene Anmutungsqualität, die man von einem Auto in der 50 000 Mark-Klasse erwarten darf. Das liegt vor allem an dem Mix verschiedener Materialien und Strukturen. Auch im Kofferraum verfehlt der Lexus das Klassenziel: 400 Liter Volumen sind zu wenig, vor allem, wenn man bedenkt, dass die ebenfalls knapp geschnittenen Konkurrenten BMW Dreier und Audi A4 mit je 440 Litern sogar noch mehr zu bieten haben.
Es stören außerdem der zu kleine Kofferraumausschnitt, der fehlende Umklappmechanismus der Rücksitzlehne (es gibt nur eine Durchreiche) und die großen, antiquierten Scharnierbügel, die zusätzlich Platz wegnehmen und das Gepäck beim Schließen beschädigen können. Diese Kritik im Detail darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Lexus IS 200 im Innenraum geräumig ist. Kopf- und Beinfreiheit sind auf allen Plätzen – selbst im Fond – gut. Das Wohlbefinden der Passagiere steigern auch die trotz sportlichen Zuschnitts bequemen Sitze, die einen guten Seitenhalt und eine ausreichende Lordosenunterstützung geben.
Lexus IS 200-Rückbank mit asiatischen Ausmaßen
Hinten fehlt es allerdings an ausreichender Auflagemöglichkeit für die Schenkel, weil die Fondbank für langgewachsene Europäer zu tief angeordet ist. Auch mit Abrollkomfort geizt der Lexus. Speziell Kanaldeckel und schadhafte Straßenbeläge werden mit deutlichen Poltergeräuschen überrollt – ein Manko, das in erster Linie auf das Konto der 17 Zoll-Felgen in Verbindung mit den 215er Breitreifen mit 45er Querschnitt geht, die der zum Test angetretene IS 200 Sport serienmäßig mitbringt (Basis 205/55 R 16).
Lange Bodenwellen gleicht der Lexus IS 200 dagegen mit großer Ruhe aus. Ganz so ruhig ist der Motor nicht, obwohl es sich hier um einen neuentwickelten Reihensechszylinder mit zwei Liter Hubraum, variabler Ventilsteuerung und zweistufigem Schaltsaugrohr handelt. Wie es seine Bauart erwarten läßt, läuft der Motor zwar vibrationsarm, unterstreicht sein Tun aber mit einem sehr kernigen Ton. Sportlich orientierte Fahrer wird das nicht stören, wohl aber das ausgeprägte Lastwechselruckeln im Antriebsstrang und das geringe Drehmoment im unteren Drehzahlbereich. Der 155 PS starke Vierventilmotor spricht zwar spontan an, aber unter 4000/min fehlt es an Durchzugskraft. Kein Wunder, liegt doch das maximale Drehmoment von 195 Newtonmetern erst bei 4600/min an. Wenn der Lexus IS 200 jedoch einmal auf Touren ist, überzeugt er mit guter Kraftentfaltung, weil das serienmäßige Sechsganggetriebe so kurz übersetzt ist, wie man es auch von einem BMW kennt.
Hoher Verbrauch
Das insgesamt hohe Drehzahlniveau, auf dem der Benziner agiert, trägt aber auch dazu bei, dass der Verbrauch mit 10,5 Litern vergleichsweise hoch ausfällt. Verwechslungsgefahr mit dem Vorbild besteht aber weder beim Design noch im Antriebskapitel.
Dass der Lehrmeister aus München stammt, zeigt sich vor allem bei den Fahreigenschaften. Die leichtgängige Servolenkung, das agile Einlenkverhalten und der hohe Fahrspaß, den der Lexus IS 200 beim schnellen Umrunden von Kurven vermittelt, das alles erinnert stark an den Dreier. Allerdings mehr an den Vorgänger als an den aktuellen, der bei Entwicklung des Lexus.Konzepts als Vergleich noch nicht zur Verfügung stand. Schließlich teilt der Lexus mit dem alten Dreier auch die Eigenschaft, früh mit dem Heck nach außen zu drängen – eine Übersteuerneigung, die sich aber rechtzeitig ankündigt und für den Fahrer jederzeit leicht beherrschbar ist. Im Fahrversuch tritt diese Tendenz allerdings stärker auf als im Alltagsbetrieb. Während der Lexus IS 200 den ISO-Wedelkurs ohne Probleme durcheilt, geht er beim Slalom beim Erreichen der Haftgrenze in starkes Übersteuern über.
Trotz dieser Schwäche handelt es sich beim Lexus IS 200 um ein sicheres Auto, das über hervorragende Bremsen verfügt – eine Tatsache, die auch auf die mächtigen Bremsscheiben zurückzuführen ist (vorne innenbelüftet, 296 Millimeter Durchmesser, hinten 307 Millimeter). Die Kaltverzögerung liegt bei 10,7 m/s2, und selbst voll beladen verzögert der Lexus nach der zehnten Vollbremsung aus 100 km/h noch mit 10,3 m/s2. Pluspunkte sammelt die japanische Limousine im Sicherheitskapitel auch durch die serienmäßige Ausstattung mit Front- und Sidebags, Kopfstützen und Dreipunkt- Gurten auf allen Plätzen, ABS und einer Antriebsschlupfregelung. Nur das elektronische Stabilitätsprogramm ESP und das Isofix-System zur sicheren Arretierung von Kindersitzen gibt es weder für Geld noch für gute Worte. Dafür aber viele Extras, die im Preis bereits inbegriffen sind: Der 52 480 Mark teure Lexus IS 200 Sport verfügt serienmäßig über Klimaanlage, Cassetten- Radio, CD-Player, Alu-Felgen, Sportfahrwerk und ein Sperrdifferential an der Hinterachse.
Die Aufpreisliste beläuft sich nur auf vier Posten:
Navigationssystem, Schiebedach, Lederausstattung und Metallic- Lackierung. Ein vergleichbarer BMW 320i (ab 52 500 Mark) bietet längst nicht eine so umfangreiche Serienausstattung, und so liegt der größte Vorzug des Lexus in seinem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Im Hinblick auf Verarbeitung, Komfort und Fahreigenschaften erweist er sich zwar auch als gut, aber eben nicht besser als sein deutscher Konkurrent. Eines ist der Lexus IS 200 aber in jedem Fall: das beste japanische Auto in dieser Klasse.