Der V8-Motor, der Deutschland eroberte

Ein amerikanischer V8-Motor in einer deutschen Oberklassen-Limousine. Das fasziniert viele am Opel Diplomat. Wir werfen einen genaueren Blick auf die Technik.
Der Opel Diplomat ist eines der größten und 1964 auch eines der teuersten Opel Modelle. Er krönt die KAD-Modelle (Kapitän, Admiral, Diplomat). 1964 ging es los mit der Generation A. Ein Jahr später folgte das Coupé, von dem Karmann nur 347 Exemplare baute. Die zweite Generation folgte ab 1969. Neben dem Design ist außerdem der Sound unverwechselbar. Der stammt ab 1966 vom 5,4-Liter-V8-Motor aus Detroit. Genauer gesagt handelt es sich um den 327er Chevrolet Small-Block.
Dieses Aggregat ist einer der bekanntesten Motoren der amerikanischen Automobilgeschichte. Chevrolet entwickelte ihn in den 1950er-Jahren. Wegen seiner Leistungsstärke und der Kompaktheit setzte ihn der Automobilriese in zahlreiche Modelle ein. Mit einem Hubraum von 5,4 Litern (327 ci bzw. 5354 cm³) liefert der V8-Motor des Diplomat 230 PS bei 4700 U/min und ein starkes Drehmoment von 420 Nm. Damit übertraf der Opel seinen direkten Konkurrenten – den Mercedes 300 SEL 3.5 mit 200 PS und 290 Nm Drehmoment. Der Ami-V8 sorgt aber nicht nur für einen guten Klang, sondern auch für ein souveränes Fahrgefühl. Der Motor fand beispielsweise auch in der Corvette C2 und C3, dem Camaro und dem Chevy Impala von 1960 bis 1967 eine Heimat. Es gab ihn in verschiedenen Leistungsstufen, etwa im Impala SS mit 250 und 275 PS.
Der Amerikaner im Opel
In der Verbindung von Opel und General Motors (GM) in den 1960er Jahren – als GM bereits einen Großteil der Aktien von Opel hielt – war die Entscheidung, den Small-Block 327 V8 im Diplomat zu verwenden, ein strategischer Schritt. Opel konnte so auf die bewährte Technik aus Detroit zugreifen und ein Fahrzeug anbieten, das in puncto Motorleistung mit den größten Luxuswagen der Zeit mithalten konnte. Der V8-Motor verlieh dem Diplomat nicht nur die nötige Power, sondern auch den markanten, tiefen Klang, der ihn von den eher zurückhaltend klingenden deutschen Motoren absetzte.
Technisch gesehen handelt es sich beim Small-Block V8 um einen sogenannten OHV (Overhead Valve)-Motor mit zwei Ventilen pro Zylinder. Dies machte ihn relativ leicht. Motorblock und die Zylinderköpfe bestehen aus Grauguss. Die Kurbelwelle ist fünffach gelagert, und die zentrale Nockenwelle wird über eine Kette gesteuert.
Obwohl der V8-Motor des Diplomat deutlich stärker war als viele andere Motoren seiner Zeit, zeigte er dennoch nicht die brutalsten Fahrleistungen. Stattdessen war er auf komfortables und zügiges Fahren ausgelegt. Doch weil das Fahrzeug recht schwer ist und ein Teil der Kraft im Wandler der Automatik hängen bleibt, erreicht er keine Spitzen-Leistungswerte. Das Coupé schafft die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 9,5 Sekunden und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 206 km/h.
Neben der Leistung überzeugte der 327er-Small-Block auch mit seiner Zuverlässigkeit. Der Motor war aufgrund seiner bewährten Bauweise und der robusten Konstruktion relativ pflegeleicht und konnte auch nach vielen Jahren problemlos in gut gepflegten Fahrzeugen weiterhin eine starke Leistung bieten.