Fragen und Antworten zur Tischtennis-WM in Budapest

Fragen und Antworten zur Tischtennis-WM in Budapest
Köln (SID) - Was steht an?
In Budapest läuft bis Sonntag (28. April) die Tischtennis-WM in den Einzel-Wettbewerben. Ungarn ist zum insgesamt vierten Mal Gastgeber der Titelkämpfe. Trotz der langen und auch großen Tradition des Sports im Land der Magyaren - Ungarn gewann bei der ersten WM 1929 alle Titel und ist aufgrund seiner Stärke besonders in den Vor- und Nachkriegsjahren immer noch zweiterfolgreichste Nation im "ewigen" WM-Medaillenspiegel hinter China - fanden an der Donau in den vergangenen 69 Jahren keine WM-Turniere mehr statt.
Wie viele Wettbewerbe finden statt?
Fünf. Jeweils zwei Konkurrenzen für Damen und Herren im Einzel und Doppel sowie ein Wettbewerb im Gemischten Doppel. Die WM-Turniere für Mannschaften finden seit der Trennung von Individual- und Team-Wettbewerben in geraden Kalenderjahren statt.
Welche Chancen haben die deutschen WM-Teilnehmer?
Anders als bei der vorherigen Einzel-WM 2017 mit Heimvorteil in Düsseldorf sind die Aussichten für die Asse des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) auf eine Medaille nur wenig besser als durchwachsen. Zwar gehört Rekordeuropameister Timo Boll (Düsseldorf) als Nummer fünf der Welt zum Kreis der Podiumsanwärter, doch der 38-Jährige kämpfte in der WM-Vorbereitung mit Problemen und könnte den stärksten Chinesen oder auch Japans "Wunderkind" Tomokazu Harimoto in der entscheidenden Turnierphase nicht genug entgegenzusetzen haben. Ex-Weltcupsieger Dimitrij Ovtcharov (Hameln/Orenburg) ist nach seiner langwierigen Verletzung im Vorjahr noch nicht wieder auf dem Niveau wie 2017 bei seinem Sprung an die Spitze der Weltrangliste. Womöglich bestehen die besten Chancen sogar in den Doppeln mit dem ehemaligen WM-Zweiten Boll und dem früheren EM-Gewinner Patrick Franziska (Saarbrücken) sowie im Mixed mit Franziska und Europe-Top-16-Gewinnerin Petrissa Solja (Langstadt), die in Düsseldorf im Gemischten Doppel mit dem Chinesen Fang Bo Bronze und damit die erste DTTB-Medaille bei einer Einzel-WM nach einer sechsjährigen Durststrecke gewann.
Warum sind für Budapest nicht wieder deutsch-chinesische Doppel-Kombinationen zustande gekommen?
Auf dem Weg zu den Olympischen Spielen 2020 ist den Chinesen ein Jahr vor Tokio das Hemd wieder näher als die Hose. Nach ihrer Schwächephase zwischen 2017 und 2018 sind die "Drachen" auch immer noch auf Wiederherstellung ihrer Reputation als unanfechtbare Nummer eins in der Welt aus und deswegen nicht an "geteilten" Erfolgen ihrer Stars zusammen mit Spielern aus anderen Ländern interessiert. Außerdem hat das "Legenden-Doppel" mit Chinas Olympiasieger und Weltmeister Ma Long sowie dem deutschen Idol Boll nach den beiden vergeblichen Titelanläufen von 2015 und 2017 seinen größten Reiz inzwischen wieder verloren. Nicht zuletzt erscheinen Zeichen der Öffnung Chinas wie eben durch die Bildung "bi-nationaler" Doppel der Führung in Peking politisch nicht mehr so opportun wie noch vor zwei Jahren.
Warum ist Deutschlands Medaillenausbeute bei WM-Turnieren spürbar magerer als bei den drei vergangenen Olympia-Auflagen (fünf Podestplätze)?
Die Konkurrenz vor allem durch die Chinesen ist größer. Bei Olympia-Turnieren sind faktisch wegen Chinas erdrückender Überlegenheit nur maximal zwei Einzelstarter oder Doppel pro Nation zugelassen, so dass immer mindestens ein Podiumsplatz an eine andere Nation gehen muss. Bei WM-Turnieren hingegen können Top-Nationen mit fünf oder als Gastgeber sogar mit bis zu sechs Aktiven im Einzel antreten.
Warum fehlen bei den deutschen Damen anders als bei Olympia und EM-Turnieren die beiden Topspielerinnen Han Ying und Shan Xiaona?
Weil Tischtennis in der Frage von Startberechtigungen nach einem Nationenwechsel genau wie in vielen anderen Bereichen große Probleme bei der Erstellung eines einheitlichen Regelwerks hat. Der Weltverband ITTF lässt Aktive wie die gebürtigen Chinesinnen Han und Shan nach internationalen Starts für ein Heimatland trotz eines späteren Verbandswechsels bei WM-Turnieren noch nicht wieder für eine zweite Nation zu, muss sich aber bei Olympia den entgegengesetzten Vorgaben des IOC beugen. Der auf anderen Feldern auch nicht immer überzeugende Europa-Verband hat für Nationalitätenwechsel sinnvollerweise die IOC-Regeln übernommen, die ITTF lockert ihre ursprünglich besonders auch zur Vermeidung von chinesischen "Tischtennis-Touristen" verabschiedeten Vorschriften in Zukunft immerhin etwas.
Folgt Deutschland durch die Nominierung des chinesischstämmigen Debütanten Dang Qiu inzwischen auch dem Beispiel anderer Nationen für den Import von Tischtennis-Knowhow aus dem Reich der Mitte?
Nein. Der U21-Vizeeuropameister von 2017 und Sohn des früheren Studentenweltmeisters Qiu Jianxin ist in Nürtingen geboren und durchlief sämtliche Jugendkader des DTTB und darf somit durchaus als Eigengewächs gelten. Zum Tischtennis kam der deutsche Meister im Doppel gleichwohl durch seinen in Deutschland als Trainer sesshaft gewordenen Vater und seine früher ebenfalls für China spielende Mutter Chen Hong. Entgegen dem Ratschlag seines Vaters entschied sich Qiu junior für den Penholder-Stil und avancierte zum ersten deutschen Nationalspieler mit der für Chinesen typischen Spielweise.
Warum treten die DTTB-Damen in Budapest nur vier Spielerinnen und nicht wie die Herren mit fünf Aktiven im Einzel an?
Die unterschiedliche Größe des Einzel-Aufgebots kommt durch das Quoten-System der ITTF zur Begrenzung von WM-Teilnehmerfeldern zustande. Jeder ITTF-Mitgliedsverband kann grundsätzlich zunächst drei Aktive für den Einzel-Wettbewerb melden. Für Spieler unter den Top 100 der Weltrangliste darf ein weiterer Teilnehmer und für Aktive in den Top 20 noch ein weiterer Starter nominiert werden. Weil Petrissa Solja auf Platz 23 die höchstplatzierte Deutsche ist, können die DTTB-Damen nur den Top-100-Bonus nutzen, während der fünfte Starter der Herren der Lohn für die Top-20-Notierungen von Boll, Ovtcharov und Franziska ist.