Krystal Rivers: Aufgeben ist keine Option

In den Play-offs der Volleyball-Bundesliga will die US-Amerikanerin ihrer bemerkenswerten Geschichte ein Kapitel hinzufügen.
Auf dem Volleyballfeld hat Krystal Rivers ihre größte Waffe perfektioniert. Mit einem kräftigen Absprung katapultiert sich die US-Amerikanerin zunächst einen Meter in die Luft, dann schmettert sie den Ball mit bis zu 100 Stundenkilometern wuchtig über das Netz - und lässt ihre Gegnerinnen reihenweise verzweifeln. Dass Rivers diese Bewegungen auf absolutem Topniveau ausführen kann, ist alles andere als selbstverständlich. Schließlich gleicht es einem medizinischen Wunder, dass sie überhaupt laufen kann.
Am 23. Mai 1994 kam Rivers mit dem Tethered-Spinal-Cord-Syndrom zur Welt, einer krankhaften Anheftung des Rückenmarks im unteren Bereich des Wirbelsäulenkanals. Als Baby mussten ihre beide Hüftgelenke gebrochen werden, bis zu ihrem 15. Lebensjahr folgten knapp 20 Operationen. Doch Rivers ergab sich nicht ihrem Schicksal - und fand Kraft im Sport. "Volleyball kam zu mir, und es stellte sich heraus, dass es der richtige Weg war", sagt die 29-Jährige im SID-Gespräch.
Ab 2012 spielte Rivers im Collegeteam der University of Alabama, in der Hoffnung, die schwersten Hürden überwunden zu haben. Mit der Diagnose Krebs folgte aber schon zwei Jahre später der nächste Rückschlag. Doch getreu dem Motto "Aufgeben ist keine Option" überwand sie auch diesen, nach sechs Monaten Chemotherapie setzte Rivers ihre sportliche Laufbahn fort. Seit 2018 ist sie fester Bestandteil der Erfolgsgeschichte des Bundesligisten Allianz MTV Stuttgart, gewann in dieser Zeit unter anderem drei Meistertitel.
In ihrer deutschen Heimat fühlt sich die Volleyballerin wohl, erst kürzlich verlängerte sie ihren Vertrag um ein weiteres Jahr. Rivers gebe "seit Jahren die Richtung in Stuttgart vor" und habe das gesamte Team und den Klub "auf ein außergewöhnliches Niveau gehoben", lobte Sportdirektorin Kim Oszvald-Renkema ihre Topangreiferin. Auch für Trainer Konstantin Bitter sei Rivers "nicht nur eine Ausnahmekönnerin", sondern viel mehr auch "ein Vorbild für jede Person, die das Glück hat, mit ihr zusammenarbeiten zu dürfen".
Rivers selbst bedeute es einfach alles, "weiterhin an einem Ort zu spielen, der so gut auf mich aufgepasst hat". Mit dem Start der Play-offs soll ihre bemerkenswerten Geschichte mit den Schwäbinnen nun ein weiteres Kapitel erhalten. Ab Samstag (17.10 Uhr/Dyn) trifft Stuttgart im Viertelfinale auf den USC Münster - und der Hunger nach Erfolg ist noch lange nicht gestillt. "Wir haben den Pokal und den Supercup gewonnen, das waren zwei Ziele", sagte Rivers und fügte schnell an: "Aber wir haben auch noch ein anderes."