Streit um DOH geht weiter - Franke: "Was heißt Loyalität?"

Streit um DOH geht weiter - Franke: "Was heißt Loyalität?"
Berlin (SID) - Anti-Doping-Kämpfer und Molekularbiologe Werner Franke bleibt einen Tag vor der zum Thema geplanten Sitzung im Sportausschuss des Deutschen Bundestages auf Distanz. Auch einen emotional gehaltenen Appell des neuen DOH-Vorsitzenden Michael Lehner in der FAZ ("Lieber Werner Franke, helfen Sie wieder mit") wies der 78-Jährige zurück.
"Er meint, mit so einem Ding würde er mich emotional beeinflussen. Aber emotional gibt es in der Wissenschaft nicht", sagte Franke dem SID. Lehner hatte Franke in einem offenen Brief gefragt, warum er seine Loyalität aufkündige. "Was heißt Loyalität? Als Wissenschaftler habe ich nur eine Loyalität, das ist die Wahrheit", entgegnete der Heidelberger Forscher.
Franke, der den DOH 1999 mitgegründet hatte ("Der Doping-Opfer-Hilfeverein ist meine Schöpfung"), bemängelt bei manchen Gutachten für Doping-Opfer die wissenschaftliche Gründlichkeit. Zu viele Trittbrettfahrer bekämen Zugang zu Zahlungen aus dem Hilfsfonds, der im Rahmen des Zweiten Dopingopferhilfegesetzes zuletzt von 10,5 Millionen auf 13,65 Millionen Euro erhöht worden war.
Franke zweifelt auch anders als der DOH daran, dass Schädigungen von DDR-Opfern an deren Kinder vererbt werden könnten. "Das geht nicht, mein Gott, das ist mein Lehrfach", meinte der international geschätzte Molekularbiologe: "Das ist bizarr, da muss man was tun. Das ist ja wie im Mittelalter."
Franke und dessen Mitstreiter haben wegen der vielen Kritikpunkte den Sportausschuss des Deutschen Bundestages angeschrieben. Das Gremium wird sich am Mittwoch in seiner Sitzung mit dem Thema befassen, nachdem Franke zuvor in Berlin im Rahmen einer Pressekonferenz seine Standpunkte erläutert hat.
Dagmar Freitag, Vorsitzende im Sportausschuss des Bundestages, kündigte eine lebhafte Debatte an. "Wir haben 2002 beim ersten Dopingopfer-Hilfegesetz die Kriterien bewusst sehr niedrig angesetzt. Da mittlerweile eine Diskussion über mögliche Schäden in der zweiten Generation eingesetzt hat, wollen wir Argumente pro und contra anhören. Im Nachgang wird zu diskutieren sein, ob es möglicherweise Änderungsbedarf gibt", sagte Freitag dem SID.