Vor Treffen mit Bach: Hartung beharrt auf Reform der Athletenförderung

Vor Treffen mit Bach: Hartung beharrt auf Reform der Athletenförderung
Köln (SID) - Athletensprecher Max Hartung hat vor einem Treffen mit IOC-Präsident Thomas Bach am Mittwoch seine Forderung nach einer direkten finanziellen Beteiligung von Sportlern an den Milliardengewinnen des Internationalen Olympischen Komitees bekräftigt. Der Vorsitzende des unabhängigen Vereins Athleten Deutschland e.V., der mit seiner Stellvertreterin Silke Kassner und vier weiteren deutschen Sportlern am Mittwoch von Bach im IOC-Hauptquartier in Lausanne empfangen wird, hält andernfalls auch Streiks von Athleten für denkbar.
"Es sollte mehr Respekt herrschen gegenüber den Athleten und deren Leistungen. Sie sind vor Ort, sie liefern die Bilder", sagte Hartung im SID-Interview. Angesichts der Milliardengewinne des IOC müsse man darüber reden, dass Athleten und auch Trainer besser honoriert würden: "Wenn Athleten ihre Bildrechte abgeben, sollen sie entweder eigene Werbeflächen bekommen oder eben finanzielle Zuwendungen."
Der Fecht-Europameister sagte, dass es "gar nicht so weit kommen sollte, mit Drohpotenzialen hantieren zu müssen", betonte aber: "Ein gutes Verhältnis zwischen IOC und den Sportlern ist sehr, sehr wichtig. Und dass Sportler irgendwann rote Linien ziehen und sagen, unter den gegebenen Umständen können wir nicht antreten, finde ich legitim."
Als eine solche rote Linie bezeichnete er "Bereiche, in denen Wettkämpfe ausgetragen werden mit Sportlern, die am Ende des Tages keine Chance haben, ihren Lebensunterhalt davon bestreiten zu können". Die Durchsetzungskraft der Sportler, ohne die es keine Fernsehbilder geben würde, werde größer, betonte Hartung: "Das leere Fernsehbild lässt sich schlecht verkaufen."
Athleten Deutschland e.V. hatte im Mai mit einem weltweit beachteten offenen Brief für Aufsehen gesorgt, in dem sie forderten, 25 Prozent aller IOC-Einnahmen in einem olympischen Zyklus direkt an die Athleten weiterzuleiten. Zehn Prozent sollen zusätzlich ohne Umwege an die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA gehen. In Summe entspricht dies auf Grundlage der aktuellen IOC-Einnahmen aus Übertragungs- und Vermarktungsrechten in Höhe von etwa fünf Milliarden Euro für diesen Olympiazyklus 1,75 Milliarden Euro.
Nach Veröffentlichung des Briefes hatte Bach die deutschen Athleten nach Lausanne eingeladen. Etliche internationale Athletenvertreter wollten daraufhin die deutsche Gruppe begleiten, was das IOC allerdings ablehnte.
Rückenwind erhalten die Athleten vor dem Treffen durch das Bundeskartellamt, das in den restriktiven Werbebeschränkungen des IOC eine Behinderung der Individualvermarktung der Sportler sieht. Die Behörde hatte nach den Olympischen Spielen 2016 in Rio ein Verfahren gegen das IOC und den deutschen Statthalter DOSB eingeleitet, an dem Athleten Deutschland e.V. mittlerweile beteiligt ist.