Ausschuss-Vorsitzende Alt: "Hätte mir diplomatischen Boykott gewünscht"

Die Bundesregierung hätte mit Blick auf den kritisierten Olympia-Gastgeber China auch selbst deutlicher Position beziehen sollen, sagt Renata Alt.
Köln (SID) - Die Bundesregierung hätte mit Blick auf den viel kritisierten Olympia-Gastgeber China auch selbst deutlicher Position beziehen sollen - diese Meinung vertritt Renata Alt, Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte im deutschen Bundestag.
"Ich hätte mir gewünscht, dass es zu einem offiziellen diplomatischen Boykott seitens der Bundesregierung kommt", sagte die FDP-Politikerin der Augsburger Allgemeinen: "Das ist nicht passiert, aber ich weiß, dass niemand aus der Bundesregierung vorhat, zu den Olympischen Spielen zu fahren."
Zwar habe sich die neue Bundesregierung "im Koalitionsvertrag zu einer wertebasierten Außenpolitik verpflichtet. Das Problem ist, dass wir uns in den letzten 20 Jahren wirtschaftlich abhängig gemacht haben von China, aber auch von Russland. Davon müssen wir wegkommen."
Von den Athletinnen und Athleten erwarte sie während der Winterspiele von Peking (ab Freitag) keine offene Kritik an der Menschenrechtslage. "Vor Ort werden die Sportler überhaupt keine Möglichkeit dazu haben", sagte Alt: "Das lässt das politische System nicht zu. Wir werden sicher erst mehr erfahren können, wenn sie wieder zu Hause sind. Sie sind so abgeschottet und überwacht, und das schüchtert ein."
Die Vergabe der Winterspiele nach Peking bleibe "ein Fehler" des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), auch, weil die Hoffnung auf unpolitische Spiele völlig unrealistisch sei. "Ich wundere mich darüber, wenn die Befürworter und Anhänger Chinas jetzt sagen: 'Naja, jetzt lassen wir die Politik beiseite'", sagte Alt: "Das ist eine naive Vorstellung des Westens, dass diese Diktaturen die Spiele nicht für die eigene Politik missbrauchen."
China habe sich obendrein seit 2008, als Peking die Sommerspiele ausrichtete, "in eine ganz andere Richtung entwickelt. Von Öffnung keine Spur mehr. Alleine die lückenlose Überwachung der Sportler und der Journalisten zeigt, mit welchem Regime wir es zu tun haben. Auch die Journalisten werden massiv in ihrer Arbeit behindert."