Das SID-Kalenderblatt am 27. September: Schumann spurtet zu Olympia-Gold

Das SID-Kalenderblatt am 27. September: Schumann spurtet zu Olympia-Gold
Hamburg (SID) - Konnte das wirklich wahr sein? Schumann, gerade einmal 22 Jahre jung, der Außenseiter, Olympiasieger über 800 m? Ungläubig schlug er sich die Hände vor das Gesicht, ehe er sich von den Fans in Sydney feiern ließ.
20 Jahre sind diese Bilder vom 27. September 2000 nun alt, die Schumanns Leben in ein Davor und ein Danach teilten. Doch sein Glück hielt nicht lange an. "Ein zweiter Platz wäre auch gut gewesen", sagte Schumann einmal rückblickend über den Triumph von Australien: "Dann hätte ich noch Ziele gehabt für die nächsten Jahre, für die ich alles hätte geben können. Das war mir ein bisschen genommen."
Doch so hatte Schumann schon früh alles erreicht, was man erreichen kann. Nach 1:45,08 Minuten und einem taktischen Meisterstück, bei dem er seine Spurtstärke voll ausspielen konnte, ließ der Thüringer den großen Wilson Kipketer, den Dreifach-Weltmeister, den damaligen Weltrekordhalter, knapp hinter sich.
Der Hype danach um Schumann war riesig, er wurde Sportler des Jahres, tingelte von TV-Show zu TV-Show, war Star-Gast bei Galas und unterschrieb hochdotierte Werbeverträge.
Doch Schumann verliert schnell seine Leichtigkeit. 2002 gewinnt er bei der Heim-EM in München noch einmal Bronze, aber eigentlich bestimmen Verletzungen und Operationen sein Leben. An seine alte Form kann Schumann nie wieder anknüpfen, fast vier Jahre lang bestreitet er kein Rennen.
Zudem sorgt seine Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Trainer Thomas Springstein, der später wegen Minderjährigen-Dopings verurteilt wurde, für Wirbel. 2009, nachdem er die Qualifikation für die WM in Berlin verpasst hatte, beendet Schumann frustriert seine Karriere. Auch das viele Geld von einst ist futsch.
"Neun Jahre lang habe ich nach dem Sieg in Sydney mit dem Leistungssport weitergemacht und nicht wirklich einen großen internationalen Erfolg mehr errungen. Statt von Sieg zu Sieg eilte ich von Verletzung zu Verletzung", schrieb Schumann in seinem Buch: "Und am Ende hatte ich alles verloren: Statt reich zu sein, war ich hoch verschuldet, statt frisch verliebt zu sein, war ich frisch verlassen von meiner Frau, und aus dem makellosen weißblonden Helden war ein unter Dopingvorwurf stehender Kahlkopf geworden."
Heute lebt und arbeitet Schumann, der zuletzt mit seiner höchst umstrittenen Forderung nach einer Dopingfreigabe für Kopfschütteln gesorgt hatte, als Personal Trainer in Erfurt.