Mit "Goldschmied" Schuster zurück auf den Gipfel

Mit "Goldschmied" Schuster zurück auf den Gipfel
Der Olympiasieg von Andreas Wellinger war der dritte ganz große Erfolg von Werner Schuster. Der Bundestrainer hat das deutsche Skispringen aus dem Tal geführt - und das als Österreicher.
Nein, Werner Schusters Schulter ging es gut: Die Sorgen von Goldjunge Andreas Wellinger waren unbegründet. "Ich hatte schon Angst, er hätte sie sich beim Jubeln ausgekugelt, so wie er abgegangen ist", sagte der Skisprung-Olympiasieger mit breitem Grinsen. Bundestrainer Schuster hatte auch allen Grund, frei zu drehen. Wellingers Coup von Pyeongchang war schließlich auch die Krönung für den deutschen Meistermacher, der die DSV-Adler zurück auf den Gipfel geführt hat.
Als Schuster 2008 das Amt antrat, war er eine nicht unumstrittene Lösung: jung (38), ohne große Erfahrung, Österreicher. Doch der Mann aus dem Kleinwalsertal erwies sich als Glücksfall für das am Boden liegende deutsche Skispringen. Schuster krempelte das System um, bekam Zeit und wurde mit Medaillen belohnt. "Es gab drei Big Points: Den Team-Olympiasieg 2014, den WM-Titel durch Severin Freund 2015 und nun Andis Goldmedaille", sagte Schuster am Sonntag nicht ohne Stolz.
Der kometenhafte Aufstieg von Wellinger ist das Paradebeispiel für Schusters Erfolgsweg. Im Sommer 2012 mietete der Bundestrainer mehrere Chalets in Courchevel und lud Springer aus dem B- und C-Kader zu einem Lehrgang mit dem Weltcupteam ein. Mit dabei: Ein kaum 17 Jahre altes Talent aus Ruhpolding, das Schuster bis dahin nicht kannte. "Andi ist mir sofort ins Auge gesprungen. Es war auffällig, dass bei ihm ein paar Elemente stimmten, die Größeres ermöglichen, wenn sie zur Entfaltung kommen", sagte Schuster.
DSV-Adler auf der Überholspur
Wellinger debütierte wenige Monate später im Weltcup und hatte das Glück, fortan im Schatten von Severin Freund reifen zu können. Freund ist ein weiteres Produkt aus Schusters Goldschmiede. 2014 wurde der Niederbayer Skiflug-Weltmeister, ein Jahr später gewann er WM-Gold von der Großschanze und den Gesamtweltcup. In Pyeongchang fehlt Freund verletzt - und trotzdem landeten alle vier DSV-Adler in den Top Ten. "Das zeigt, wie stark unsere Mannschaft ist", sagte Schuster.
Sogar seine Landsleute aus Österreich, die jahrelang die Szene nach Belieben dominierten, hat Schuster mit dem DSV-Team inzwischen überholt. Bei den Austria-Adlern wackelt nach der desaströsen Vierschanzentournee und dem verpatzten Olympiastart der Stuhl von Cheftrainer Heinz Kuttin mehr denn je. Kein Wunder also, dass der Deutsche Skiverband den 2019 auslaufenden Vertrag mit Schuster verlängern will.
Schuster: "Stillstand ist Rückschritt"
Schon zehn Jahre ist Schuster am Ende der aktuellen Saison ohne Unterbrechung im Amt, damit egalisiert er die Bestmarke des 2007 verstorbenen Reinhard Heß, unter dessen Ägide Martin Schmitt und Sven Hannawald zu sagenhaften Erfolgen und ungeheurer Popularität gekommen waren. Heß hatte sein Amt 2003 aufgegeben. Unter Wolfgang Steiert (2003/04) und Peter Rohwein (2004 bis 2008) ging es stetig bergab - bis Schuster kam.
"Es ist richtig, dass es damals ein Tal gegeben hat. Aber wenn man in einem Tal ist, kann man auch wieder den Rucksack packen und auf einen neuen Berg gehen", sagte Schuster. Auf diesem Berg steht das deutsche Skispringen nun - und soll dort auch bleiben. "Es ist schön, dass nach den vielen Jahren das Team noch immer gut funktioniert", sagte Schuster: "Und das wird auch die Aufgabe für die Zukunft sein. Denn Stillstand ist Rückschritt".