Rodtschenkow gibt erstmals TV-Interview: "Der Kreml will, dass ich schweige"

Film über Whistleblower Rodtschenkow: "Ikarus" erhält Oscar
New York (SID) - Erstmals nach seiner Flucht in die USA hat Whistleblower Grigorij Rodtschenkow ein TV-Interview gegeben. In der Sendung "60 Minutes" des Senders CBS berichtete der 59-Jährige von der Angst um sein Leben. "Der Kreml will, dass ich schweige", sagte Rodtschenkow, der die Aufdeckung des Dopingskandals in seiner russischen Heimat ins Rollen gebracht hatte.
Das Aussehen des früheren Leiters des Moskauer Doping-Kontrolllabors, der sich im FBI-Zeugenschutz befindet, wurde für das Gespräch verändert. Seine grauen Haare waren dunkel gefärbt, der Schnauzbart ist weg. "Das wurde aus Sicherheitsgründen gemacht", sagte Rodtschenkow. "Es gibt Informationen, dass mein Leben in Gefahr ist. Wir haben die notwendigen Schritte unternommen."
IOC-Präsident Thomas Bach vermied auch auf Nachfrage am Montag bei einem Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) eine persönliche Botschaft an Rodtschenkow. Das Internationale Olympische Komitee habe Rodtschenkow in verschiedenen Kommissionen angehört, seine Aussage habe "eine wichtige Rolle gespielt" bei allen Entscheidungen bezüglich Russland. "Das hat das IOC auch mehrfach willkommen geheißen, dass er damit den Weg geöffnet hat, Aufklärung herbeizuführen."
Auf die Frage, ob er Mitleid mit Rodtschenkow habe, sagte Bach: "Ich kenne seine persönliche Situation nicht. Was ich weiß, ist, dass er im Zeugenschutzprogramm des FBI ist, und dass natürlich jeder, denke ich, ein Interesse haben muss, dass jemand nicht auf lange Zeit in einem Zeugenschutzprogramm leben muss."
Wie Rodtschenkow, der sich seit November 2015 in den USA aufhält, im Alltag aussieht, ist unbekannt. Er trägt manchmal eine schusssichere Weste, bei 60 Minutes zeigte Rodtschenkow vor laufender Kamera, wie er sie anlegt.
"Ich bin kein Lügner. In Russland habe ich nicht die Wahrheit gesagt, aber in den USA sage ich die Wahrheit", betonte Rodtschenkow. Dass es jemals Olympische Spiele ohne Betrug geben wird, glaubt er nicht: "Es liegt in der menschlichen Natur. Das hat nichts mit Sport zu tun. Es gibt 10, 15 Prozent Unverbesserliche. Man kann nichts machen, sie sind von Natur aus Betrüger."