Shorttrackerin Seidel: "Ich will nicht nur dabei sein"

Shorttrackerin Seidel: "Ich will nicht nur dabei sein"
Anna Seidel ist erst 19 Jahre alt und dennoch bereits das Aushängeschild des deutschen Shorttracks. Für die Teilnahme an den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang nahm Seidel sogar einen Umzug in die Niederlande in Kauf. Im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst spricht Seidel über den Wechsel, ihre Erwartungen und den Einfluss von Trainerin Wilma Boomstra.
Anna Seidel, Sie starten als Teenager bereits zum zweiten Mal bei Olympischen Winterspielen. Welche Erinnerungen haben Sie an ihre Premiere in Sotschi?
Anna Seidel (19, Dresden): Damals war ich die "Kleine". Ich hatte keinen Druck, sollte alles nur genießen. Jetzt erwarte ich auch von mir selber mehr, ich will nicht nur dabei sein.
Sie gelten als beste deutsche Läuferin. Wäre eine Medaille wirklich eine Sensation?
Auf jeden Fall! Ich bin erst 19 Jahre alt, zur Weltspitze fehlt doch noch ein Stück. Daher ist das eher das Ziel für 2022.
Sie haben im vergangenen Sommer ihr Elternhaus in Dresden verlassen, um in den Niederlanden für die Winterspiele trainieren zu können. Gemeinsam mit der zweiten deutschen Olmypia-Starterin Bianca Walter haben sie in Utrecht eine Wohngemeinschaft gebildet. Wie schwierig war die Umstellung?
Am Anfang war es schon ganz schön hart. Alleine wohnen, alleine kochen - inzwischen hat man sich aber daran gewöhnt. Wir waren aufeinander angewiesen. Wir haben zusammen gewohnt, uns ein Auto geteilt. Ich bin froh, dass ich nicht ganz alleine war. Es tut gut, dass wir uns haben.
Wie lässt sich der Wechsel mit den schulischen Verpflichtungen vereinbaren? Sie wollen im Sommer Ihr Abitur machen ...
Wir waren alle vier bis fünf Wochen für ein paar Tage in Dresden. Da musste ich dann immer viele Aufgaben machen und Arbeiten schreiben. Ich bekam dann Aufgaben mit, die ich bis zum nächsten Mal lösen musste. Ich habe mir das meiste selbst beigebracht und das dann mit den Lehrern verglichen. Es ging schon. Ich hatte so einfach mehr Zeit für das Training als in Dresden. Nach Olympia zählt dann nur noch: Schule, Schule, Schule.
In den Niederlanden werden Sie von Wilma Boomstra trainiert. Welchen Einfluss hat sie auf Ihre Entwicklung genommen?
Technisch haben wir uns viel abschauen können, auch konditionell. Das Training ist hart und anders als in Deutschland. Es ist viel komprimierter. Mir fällt es so leichter, mich zu erholen. Wo ich mich sehr weiterentwickelt habe, ist das Mentale. Es gibt ab und zu noch nicht so gute Phasen, aber dann ist Wilma gleich zur Stelle und baut einen wieder auf.
Sie sind trotz Ihres Alters bereits das Aushängeschild in Ihrer Sportart, hatten sogar mehrere TV-Auftritte. Wie gehen Sie damit um?
Es ist eine Ehre. Ich fühle mich gut dabei, auch wenn es manchmal anstrengend ist. Ich glaube, dass die Wahrnehmung der Sportart gewachsen ist. Das war auch immer mein Ziel, Shorttrack in Deutschland bekannter zu machen. Es wird langsam. Es macht mir Spaß, ich sehe das nicht als Last.
Wie sind Ihre sportlichen Pläne für die Zeit nach den Winterspielen?
Es kommt darauf an, was passiert. Wir haben im Moment keinen Bundestrainer. Es hängt davon ab, was der Verband in den Sport investiert. Man muss auf jeden Fall etwas ändern.