US-Schwimmstar Spitz zu München '72: "Ich war kein Rabbiner"

Mark Spitz hat den Umgang mit der deutschen Nazi-Vergangenheit im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 1972 in München kritisiert.
München (SID) - Der ehemalige Weltklasse-Schwimmer Mark Spitz hat den Umgang mit der deutschen Nazi-Vergangenheit im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 1972 in München kritisiert. "Es wurde beispielsweise nicht darüber gesprochen, dass das Konzentrationslager Dachau nur ein paar Meilen von der Schwimmhalle und dem Leichtathletikstadion entfernt war", sagte der 72-jährige US-Amerikaner im Interview mit der Laureus Sport for Good Foundation.
Er erinnere sich außerdem nicht, dass im Vorfeld der Spiele viel darüber gesprochen worden sei, "ein jüdischer Sportler zu sein". Trotz der Kritik betonte Spitz die historische Bedeutung von München '72: "Das war damals ein großer Aufbruch in die Moderne, um zu zeigen: Hier sind wir, das sind die neuen Olympischen Spiele, das ist die Welt von heute."
Dass eine Woche nach dem Start der Sommerspiele mit dem Attentat vom 5. und 6. September ein solch gravierender Einschnitt in die olympische Geschichte erfolgte, der bis heute Bestand hat, habe niemand ahnen können.
Als jüdischer Sportler, so Spitz, sei er in der Folge selbst in die Rolle eines Sprechers gedrängt worden, auf die er als 22-Jähriger nicht vorbereitet gewesen sei. "Ich war kein Rabbiner", sagte Spitz, der unter Schutzmaßnahmen aus dem Olympischen Dorf eskortiert und nach London ausgeflogen worden war. Er habe kein Expertenwissen für die Komplexität der Fragen besessen: "Ich habe das Beste getan, was ich zu dieser Zeit tun konnte."
Besonders im Gedächtnis geblieben sind dem Olympioniken Begegnungen mit Hinterbliebenen der Opfer des Anschlags. Mitte der 1980er Jahre traf Spitz in Israel einige der Ehefrauen und Kinder der getöteten Sportler: "Ich glaube, eines der Kinder wurde geboren und eine der Ehefrauen war schwanger, als das passiert ist. Das war 13 Jahre später - und das Komische ist, dass sie eine große Beziehung zu mir hatten. Erstens, weil ich Jude bin, und zweitens, weil ich mit ihren Vätern bei denselben Spielen war."
Spitz hatte in München sieben Goldmedaillen gewonnen - jeweils in Weltrekordzeit. In seiner olympischen Karriere holte "Mark the Shark" insgesamt neunmal Gold, dazu kommen je eine Silber- und Bronze-Medaille.