Wird's Pechstein? Das Warten auf den Fahnenträger

Wird's Pechstein? Das Warten auf den Fahnenträger
Am Donnerstag verkündet der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), wer bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang die deutsche Fahne trägt. Es könnte eine umstrittene Entscheidung bekannt gegeben werden.
Das Olympia-Casting ist beendet, die Öffentlichkeit und das "Team Deutschland" haben entschieden, die Spannung bei den fünf Nominierten um Claudia Pechstein steigt: Noch vor der ersten Medaillenentscheidung bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang wird am Donnerstag (17:00 Uhr OZ/9:00 Uhr MEZ) ein ehrenvoller Titel vergeben. Dann nämlich verkündet der Deutsche Olympische Sportbund die womöglich kontroverse Entscheidung, wer bei der Eröffnungsfeier am Freitag die deutsche Fahne tragen und das deutsche Team ins Olympiastadion von Pyeongchang führen darf.
Neben der nicht unumstrittenen Eisschnellläuferin Pechstein hatte der DOSB im Vorfeld Kombinierer Eric Frenzel, Rodlerin Natalie Geisenberger, Eishockey-Star Christian Ehrhoff und Ski-Rennläuferin Viktoria Rebensburg für die Wahl vorgeschlagen. Bis Sonntag um Mitternacht konnten Fans und die 153 deutschen Olympia-Athleten abstimmen, beide Seiten wurden mit 50 Prozent gewichtet. Seither wird eifrig gerechnet.
Bis zur Bekanntgabe ist das Ergebnis das bestgehütete Geheimnis im "Team D". "Wir können mit Sicherheit sagen, dass weder Dirk Schimmelpfennig noch ich die Fahne tragen werden", sagte die neue DOSB-Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker am Mittwoch bei der Auftakt-Pressekonferenz im Deutschen Haus, und neben ihr lachte Chef de Mission Schimmelpfennig mit.
An Pechsteins Vorbildfunktion scheiden sich die Geister
Über die Chancen der fünf Nominierten wurde heiß debattiert, über keine Kandidatin so intensiv diskutiert wie über Pechstein. Sportlich ist Deutschlands Rekordolympionikin (5 Gold/2 Silber/2 Bronze) über jeden Zweifel erhaben, für die fünfmalige Olympiasiegerin beginnen knapp zwei Wochen vor ihrem 46. Geburtstag ihre siebten Winterspiele. Sie besitzt realistische Chancen auf eine zehnte Medaille, keine Athletin der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) läuft auf ihrem Niveau.
Doch an der Vorbildfunktion - der DOSB nannte diese als eines von fünf Kriterien für die Vorauswahl - scheiden sich in ihrem Falle die Geister. Im Kampf gegen ihre zweijährige "Unrechtssperre" aus dem Jahr 2009 wegen auffälliger Blutwerte beweist Pechstein vor den Gerichten zwar ein beachtenswertes Durchhaltevermögen - legt aber ebenso wie ihr umstrittener Lebensgefährte Matthias Große gegenüber Kritikern mitunter rüde Umgangsformen an den Tag.
Auch auf Konkurrentinnen schoss sie sich in der Vergangenheit mehrfach öffentlich ein. Fair Play? Schien in zahlreichen Zickenkriegen an der Eisbahn nicht immer Pechsteins Leitbild zu sein. Diplomatie? Zählt nicht zu ihren Stärken.
Genugtuung für Pechstein nach Unrechtssperre
Für den DOSB steht dennoch außer Frage, dass eine Athletin wie Pechstein die deutsche Delegation und damit letztlich auch das Land auf großer Bühne würdig vertreten kann. Die DOSB-Führung hat sie längst öffentlich rehabilitiert, Präsident Alfons Hörmann gilt als glühender Anhänger und sprach sich schon vor Monaten für die Berlinerin aus. Pechstein, die am Samstag über ihre Nebenstrecke 3000 m erstmals aufs Eis geht, bringe "genau wie die anderen Kandidaten die Voraussetzungen uneingeschränkt mit", wiederholte Hörmann zuletzt.
Für alle fünf Kandidaten wäre die Nominierung eine Ehre, bei Pechstein käme eine gehörige Portion Genugtuung hinzu. Sie würde es "wahnsinnig gerne machen", hatte sie in einem "Welt"-Interview gesagt: "Es wäre für mich wie eine zehnte Olympiamedaille."
Vor vier Jahren in Sotschi hatte Ski-Rennläuferin Maria Höfl-Riesch die deutsche Fahne getragen. Damals wählte noch allein der DOSB - und entschied sich gegen Pechstein. Beim ersten Casting 2016 in Rio de Janeiro gewann Tischtennis-Star Timo Boll.