Karl-Theodor zu Guttenberg findet bei "Markus Lanz" drastische Worte zum Zustand der Bundeswehr

Bereits seit Jahren gilt die Wiedereinführung der Wehrpflicht als umstrittenes Thema. Auch bei den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD landete das Thema plötzlich wieder auf dem Tisch. Während die Union die seit 2011 ausgesetzte Wehrpflicht wieder reaktivieren wollte, machte sich die SPD für einen freiwilligen Dienst stark. Bei "Markus Lanz" war die Meinung am Donnerstagabend jedoch weniger gespalten. Nicht nur der bei einem Einsatz in Afghanistan schwer verletzte Berufssoldat Maik Mutschke, sondern auch Journalist Hasnain Kazim machte sich für das Wiedereinführen der Wehrpflicht stark. Kazim erklärte dazu, dass die "Demokratie so wertvoll (...) und so wichtig" sei, "dass es sich lohnt, das zu verteidigen - notfalls mit der Waffe".
Auch Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gab zu, dass er schon immer "ein Anhänger der Wehrpflicht gewesen" und es "auch heute" noch sei, "wenn sie anständig ausgestaltet ist". "Dahin kann man und sollte man wieder kommen. Und deswegen befürworte ich die Debatte, die gerade geführt wird", so zu Guttenberg. Eine Aussage, der Journalistin Ulrike Herrmann nicht ganz zustimmen konnte. Sie bemerkte skeptisch: "Man hat ja nichts. Man hat keine Kasernen, man hat keine Ausbilder. (...) Die ganze Struktur ist doch weg." Herrmann weiter: "Die müsste man schaffen, aber das sind Prozesse von Jahren." Karl-Theodor zu Guttenberg erklärte daraufhin: "Wenn man es allerdings will, kann man das eine oder andere wohl auch beschleunigen."
Karl-Theodor zu Guttenberg: "Mich erschüttert das"
Markus Lanz nahm dies zum Anlass, den Ex-Verteidigungsminister zu fragen: "Sie haben damals die Wehrpflicht ausgesetzt. Warum?" Statt abzulenken, antwortete zu Guttenberg ehrlich: "Der eine Grund war der, dass wir sie uns nicht mehr leisten konnten." Der heutige Unternehmer fügte hinzu: "Das Zweite ist, dass wir es mit einem Modell zu tun haben, das mit 'verkrüppelt' noch milde umschrieben ist."
Die drastische Wortwahl brachte den ZDF-Moderator auf das Karfreitagsgefecht in Afghanistan zu sprechen, bei dem 2010 drei deutsche Soldaten getötet sowie fünf verletzt wurden, nachdem sie in einen Hinterhalt der Taliban geraten waren. Unter den Verletzten: Berufssoldat Maik Mutschke, der das achtstündige Gefecht dabei nur knapp überlebt hat. Die Bilder des damaligen Einsatzes schienen ihm auch 15 Jahre später noch zuzusetzen, denn er gab zu: "Es ist halt schwer. (...) Teilweise fragt man sich wofür." Unter Tränen verriet Mutschke, dass er damals von einer Mine mit "40 Kilo Sprengstoff" erwischt wurde: "Ich selbst bin (...) für mein Leben damit gezeichnet." Markus Lanz reagierte fassungslos: "Wahnsinn!" Auch Karl-Theodor zu Guttenberg stellte klar: "Mich erschüttert das." Dennoch erläuterte Maik Mutschke, dass er seinen Einsatz in Afghanistan bis heute nicht bereue: "Wir konnten im Allgemeinen der Bevölkerung eine gewisse Stabilität bieten."
Karl-Theodor zu Guttenberg echauffiert sich über "eine Schieflage in der Debatte"
Während Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg den Berufssoldaten für seinen enormen Mut und seinen Einsatz lobte, ließ er an dem Koalitionsvertrag von Union und SPD kein gutes Haar. Er echauffierte sich unter anderem darüber, dass "wir nichts Besseres zu tun haben, als uns über Mütterrente, über Pendlerpauschale, über (...) den Mindestlohn zu unterhalten". Laut zu Guttenberg gebe es "eine Schieflage in der Debatte", "wo man sich fragt: Wo sind wir eigentlich? Wir haben eigentlich ganz andere Themen". Auch wenn Ulrike Herrmann verbal dagegen hielt, wetterte der Unternehmer unbeirrt weiter: "Ich sehe das durchaus kritisch, dass da irgendwelche romantischen Lieblingskinder noch reingepackt wurden, die relativ wenig in meinen Augen mit manchen (...) Notwendigkeiten draußen zu tun haben." Lanz hakte interessiert nach: "Was hätte diese Koalition jetzt eigentlich wirklich anpacken müssen?"
Karl-Theodor zu Guttenberg ernannte unter anderem die Bundeswehr zum zentralen Thema, da man "letztlich in die Sicherheit investiert und damit die Schuldenbremse sicher einäschert. Aber das entspricht den großen Themenlagen". Grund genug für Lanz, mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen weiter zu fragen: "Ist das gutes Personal, das wir da gerade an der Spitze haben?" Zu Guttenberg reagierte daraufhin mit einem schwammigen "Wird sich zeigen". Auch über den möglichen neuen Bundeskanzler Friedrich Merz sagte er nüchtern: "Ich glaube, das wird sich insbesondere auf dem internationalen Parkett dann erweisen." Eine Aussage, die Lanz überraschte: "Sie sind nicht überzeugt, dass das ein richtig guter Mann ist an der Spitze des Landes?" Der Ex-Verteidigungsminister konterte wortkarg: "Er war jetzt bislang Oppositionsführer und da hat er nicht alles schlecht gemacht. (...) Ich traue es ihm zu, aber ob es ihm gelingt, hängt natürlich auch davon ab, ob der Laden mitspielt."