Aljona Sawtschenko und Bruno Massot: Gold und ein Meer von Tränen

Ein großer Triumph für das deutsche Eiskunstlaufpaar Aljona Sawtschenko und Bruno Massot. Mit ihrer überragenden Kür holten sie Olympia-Gold für Deutschland. Ihr langer Weg zum glänzenden Ziel.
Sie haben die Welt verzaubert. Aljona Sawtschenko (34) und Bruno Massot (29) zeigten im Eiskunstlauf die Kür ihres Lebens. Der Lohn: Gold für Deutschland - und ein ergriffenes Millionen-Publikum, dem vor lauter Rührung die Worte fehlten.
Dafür überschlugen sich die Medien: "Wintermärchen" (Süddeutsche Zeitung), magisches Eislauf-Paar (Bild) - und eine Hymne von Zeit-Online: "So viele Tränen! So viel Glück! Das produziert nur das Eiskunstlaufen, die emotionalste aller Sportarten, das übervolle Herz dieser, aller Olympiaden."
Zwei Kulturkreise treffen aufeinander
Für Aljona Sawtschenko und Bruno Massot ist es der Höhepunkt ihrer Karriere. Der Sport hat zwei Menschen zusammengeführt, die aus höchst unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen kommen. Sawtschenko wurde in der Ukraine geboren. Mit drei Jahren brachte ihr der Vater das Eislaufen auf einem zugefrorenen See bei. Als sie vier war, wollte er sie bei einer Eiskunstlaufschule in Kiew zum Training anmelden. Dort sagte man ihm, das Kind sei noch zu klein, sie sollten in einem Jahr wiederkommen.
Bereits 1998 nahm Aljona mit ihrem Partner Dimitri Bojenko an den Juniorenweltmeisterschaften teil. Dann lief sie mit Stanislaw Morosow (39); sie wurden im Jahr 2000 Juniorenweltmeister. Auch dieses Paar wurde sportlich getrennt, Aljona zog 2003 nach Deutschland und fand mit dem Greifswalder Robin Szolkowy (38) einen neuen Partner. Es wurde ein Traumpaar.
Die beiden wurden fünfmal Weltmeister, viermal Europameister und holten zweimal Bronze bei den Olympischen Spielen von Vancouver (2010) und Sotschi (2014). Szolkowy gab seine aktive Sportlerlaufbahn auf und wurde Trainer, allerdings bei der Konkurrenz in Russland.
Der Star und der Newcomer
Aljona Sawtschenko (1,53 Meter) suchte erneut einen Partner und fand den fünf Jahre jüngeren Franzosen Bruno Massot (1,84 Meter). Sie war der Star, er der Newcomer. Massot kommt aus Caen in der Normandie, wo einem Wintersport äußerst exotisch vorkommt. Die beiden zogen zu ihrem neuen Trainer Alexander König nach Oberstdorf - und fanden dort auch ihr privates Glück.
Sawtschenko lernte im Allgäu ihren späteren Ehemann, den englischen Künstler Liam Cross kennen, Bruno Massot hat sich mit seiner Freundin in Oberstdorf verlobt. "Wir gehen zu viert auch mal essen, sie kommen zu uns, wir gehen zu ihnen. Wir haben eine enge Beziehung", sagt Sawtschenko über die Freundschaft, die das Quartett verbindet.
Die sportliche Bilanz konnte sich auch sehen lassen: zweimal WM-Bronze (2016, 2017), zweimal Silber bei den Europameisterschaften (2016, 2017). Doch Sawtschenko wollte mehr: Gold bei Olympia.
Topfavoriten in Südkorea
Zu den Winterspielen in Südkorea fuhr das deutsche Paar - beide haben die deutsche Staatsangehörigkeit - als Topfavoriten. Dann patzte er beim Kurzprogramm. Aus der Traum? Sawtschenko reagierte eisig: "Also von meiner Seite - ich war konzentriert. Leider ist Bruno ein wenig unkonzentriert gewesen und da passiert der Fehler. Jetzt kann ich sowieso nichts mehr machen. Ich kann nur morgen das Beste geben", sagte sie im ARD-Hörfunk. War der Druck zu groß? "Also für mich nicht. Ich habe meinen Kopf, und er hat seinen Kopf."
"Gestern war es hart für mich", sagte Bruno Massot später, "aber Aljona hat mir gesagt: Wir sind noch nicht fertig. Wir müssen allen zeigen, dass unsere Kür eine Goldmedaillenkür ist." Und sie: "Als ich aufgewacht bin, dachte ich: Heute schreiben wir Geschichte."
Was dann geschah dürfte ein neues Kapitel in der Geschichte des Eiskunstlaufs werden. Die beiden gehen aufs Eis, dann erklingt die Musik des Dokumentarfilms "Die Welt von oben". Die "Zeit" beobachtet "nie gesehene Bewegungen, Verschlingungen, ein Möbiusband menschlicher Körper, bei dem man zwischen unten und oben, innen und außen kaum mehr unterscheiden kann. Mitunter wissen die Läufer selbst nicht mehr, wie sich das Geflecht am Ende glücklich auflöst."
Große Rührung in der Ice Arena
Es wird die Goldmedaille. "...und dann waren nur noch Tränen. Aljona Sawtschenko weinte, ihr Partner Bruno Massot brach in Tränen aus und konnte gar nicht mehr aufhören, Trainer Alexander König stand das Wasser in den Augen, auch Katarina Witt (55), die ehemalige Eiskönigin, heulte einfach los. Es hätte niemanden gewundert, wenn das Eis in der Ice Arena von Pyeongchang auch noch geschmolzen und sich in ein riesiges Tränenmeer verwandelt hätte. Tränen des Glücks." (Spiegel Online)
Das große Ziel ist erreicht. Was kann da noch kommen? Vor zwei Jahren hat Sawtschenko davon gesprochen, dass nach Olympia 2018 für sie Schluss sei. "Da bin ich 34, und wir beide haben vor, eine Familie zu gründen. Ich möchte auf jeden Fall Kinder, am liebsten zwei Mädchen, die später aufs Eis gehen. Und wenn es doch anders kommt, ist es auch gut."