Kevin Großkreutz: Der tiefe Absturz des Weltmeisters

Er war der gefeierte Weltmeister, Deutscher Meister, Fußballstar. Doch neben dem Platz stolperte Kevin Großkreutz immer wieder. Jetzt so sehr, dass der VfB Stuttgart ihn vor die Türe setzte.
Am 13. Juli 2014 war Kevin Großkreutz am Zenit. Wenige Tage vor seinem 26. Geburtstag stemmte er den Weltmeister-Pokal in den Nachthimmel von Rio de Janeiro. Auch wenn er bei der WM-Endrunde nicht zum Einsatz kam, wurde er im Team und der Öffentlichkeit als vollwertiges Mitglied der Fußball-Nationalmannschaft anerkannt - und als echter Weltmeister überall akzeptiert. Doch jetzt, knapp drei Jahre später, scheint die Karriere des gebürtigen Dortmunders im Alter von nur 28 Jahren vorerst beendet.
Sein Verein, der VfB Stuttgart, zog die Konsequenzen aus einer durchzechten Nacht mit Teenagern, die für den Fußballprofi zunächst in einer heftigen Schlägerei und später mit blauem Auge, geschwollenem Gesicht und Platzwunde am Hinterkopf im Krankenhaus endete. "Die Vertragsauflösung ist bereits vollzogen", sagte der Stuttgart-Manager Jan Schindelmeiser auf einer Pressekonferenz am Freitagmittag, auf der auch Großkreutz zu Wort kam. Unter Tränen entschuldigte er sich dort für sein Verhalten.
"Ich habe einen Fehler gemacht, der mir sehr leid tut", sagte Großkreutz. Er möchte sich bei allen entschuldigen: "Bei meiner Frau, den Fans, beim Verein." Er werde nun erstmal "ruhig machen und mit Profi-Fußball vorerst nichts mehr zu tun haben", kündigte der geschasste Spieler an, der auch noch die anwesenden Journalisten direkt ansprach: "Ich möchte, dass meine Familie in Ruhe gelassen wird." Ein famoses Ende einer Affäre, die sich irgendwie angebahnt hat.
Schlagzeilen abseits des Platzes
Immer wieder machte Großkreutz auch abseits des Platzes von sich Reden. Ende 2014 wurde er vom britischen "Guardian" sogar als eine der unfairsten Sport-Persönlichkeiten des Jahres betitelt. Die Gründe: Zum einen soll er im Mai 2014 - nach einer Niederlage gegen Bayern München im Pokalfinale - in einem Berliner Hotel betrunken in die Lobby uriniert haben. Kurz davor soll er in der sogenannten "Döner-Wurf-Affäre" in Köln einen Fan mit dem beliebten türkischen Snack beworfen haben.
Für den Vorfall in Berlin entschuldigte sich Großkreutz öffentlich und musste eine Geldstrafe von 50.000 Euro berappen - bis heute die höchste Strafe, die Borussia Dortmund je einem seiner Spieler aufgebrummt hatte. Dennoch schien das Tischtuch zerschnitten. Wenige Wochen später wechselte Großkreutz in die Türkei zu Galatasaray Istanbul - ein grober Fehler, wie sich kurze Zeit später herausstellte.
Das Missverständnis mit Istanbul
Da nötige Unterlagen für den Wechsel nicht rechtzeitig bei der FIFA vorlagen, verweigerte der Weltverband ihm die Spielerlaubnis für Istanbul. Von Sommer 2015 bis Januar 2016 durfte er in der türkischen Hauptstadt lediglich trainieren. Im Dezember 2015 wurde bereits bekannt, dass Großkreutz Heimweh habe und nach Deutschland zurückkehren möchte. Er wolle nicht länger zwischen seiner Familie und seinem Verein hin und herpendeln. Das Kapitel Türkei endete für ihn ohne ein einziges Pflichtspiel...
Der abstiegsbedrohte VfB Stuttgart ergriff die Chance und verpflichtete den Nationalspieler, der auch nach der WM 2014 noch immer zum erweiterten Aufgebot für Bundestrainer Jogi Löw für die DFB-Elf gehörte. Doch auch der Weltmeister konnte den Gang ins Unterhaus nicht verhindern und so stieg er mit den Schwaben 2016 in die 2. Bundesliga ab - und verschwand zunächst von der ganz großen Fußballbühne.
Gelingt ihm ein Comeback?
Die Karriere des Außenspielers hätte dabei lange Zeit nicht besser laufen können. Der Dortmund-Fan seit Kindesbeinen stieß 2009 zu seiner Traummannschaft hinzu und wurde fester Bestandteil des herausragenden Teams unter Trainer Jürgen Klopp, die sowohl 2011 als auch 2012 die Meisterschaft in den Ruhrpott holten. Jetzt allerdings, im März 2017, steht er mit blauem Auge und ramponiertem Image ohne Verein da. Gelingt ihm ein Comeback? Trotz aller Fehltritte: Zu wünschen wäre es dem jungen Mann.