"Kluftinger"-Autor Michael Kobr: "Regionalkrimis kann ich nicht lesen"

Zusammen mit Volker Klüpfel hat Michael Kobr Kult-Kommissar Kluftinger erschaffen. Dessen neuer Fall führt ihn in ein dunkles Schloss. Wie es ist, zu zweit zu schreiben, was er von Regionalkrimis und den Kluftinger-Filmen hält, verrät Kobr im Interview.
Ein schauriger Mord in einem dunklen Schloss: In "Grimmbart: Kluftingers neuer Fall" (20. September, Droemer HC, 480 Seiten, 19,99 Euro) des Autoren-Duos Volker Klüpfel und Michael Kobr hat es der Kult-Kommissar mit allerlei Merkwürdigem zu tun: Die Frau eines Barons wurde nicht nur getötet, sondern auch noch wie auf einem uralten Familienporträt hergerichtet. Auch privat wird es für Kluftinger heftig: Sein Sohn heiratet und die Schwiegereltern aus Japan haben sich im Allgäu angemeldet. Wie es ist, zu zweit an einem Buch zu schreiben, wie er zu den Verfilmungen steht und warum er Regionalkrimis nicht mag, verrät Kobr im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.
Das Buch "Grimmbart: Kluftingers neuer Fall" gibt es hier zu bestellen
In "Grimmbart" fährt Kluftinger an einem Plakat vorbei, auf dem die Lesung eines Allgäuer Krimiautoren-Duos angekündigt wird und er denkt sich: "Dass man für so einen Schmarrn auch noch zu zweit sein muss." Wie ist es, zu zweit ein Buch zu schreiben?
Michael Kobr: Wir kennen es nicht anders und arrangieren uns damit seit zwölf Jahren. Am Anfang dachte ich, es geht damit sicher viel schneller, man muss ja nur die Hälfte schaffen. So ist es nicht! Der große Vorteil ist aber: Es sind zwei Köpfe, die denken und auch Ideen haben. Das ist unser Erfolgsrezept. Wir wohnen aber in verschiedenen Städten und mussten das erst mal organisieren. Seit etwa zwei Jahren haben wir jetzt feste Bürozeiten, skypen etwa zwei Stunden am Tag miteinander und besprechen das Wichtigste.
Wollen Sie irgendwann auch mal wieder als Lehrer arbeiten?
Kobr: Man weiß nie, was kommt. Ich bin noch eine Weile beurlaubt und das ist schon sehr schön. Meine Frau unterrichtet aber an der gleichen Schule wie ich und fängt jetzt nach der Kinderpause wieder an. Ich bin zwar froh, wenn ich an einem Novembermorgen im Dunkeln bei drei Grad und Regen nicht außer Haus muss, aber Kollegen zu haben und unter Leuten zu sein, hat schon auch einen gewissen Reiz.
Im Moment haben Sie immerhin einen Kollegen - Sie sind schon seit Ihrer Jugendzeit befreundet. Hält eine Männerfreundschaft so viel Nähe aus?
Kobr: Das hat sich natürlich verändert. Früher haben wir die Freizeit miteinander verbracht, jetzt ist es die Arbeitszeit. Wir fahren aber auch mit unseren Familien zusammen in den Urlaub, weil wir es schaffen, dass dann der Job außen vor bleibt. Und es gab auch schon Phasen, in denen wir uns ganz schön gezofft haben. Jetzt sind wir aber aus dem Gröbsten raus.
Mögen Sie den Ausdruck Regionalkrimi?
Kobr: Ich mag weder den Ausdruck noch Regionalkrimis. Natürlich sind wir mit einem klassischen Regionalkrimi gestartet, mussten aber feststellen, dass das nichts für uns ist. Wir wollen nicht die ganzen Allgäu-Stereotypen abhandeln: Mord in der Güllegrube, beim Almabtrieb, beim Schützenfest und beim Trachtenfest. Wir wollen Bücher schreiben, die einen regionalen Bezug haben, die aber auch als Krimis vernünftig funktionieren. Was im Bereich der Regionalkrimis in den vergangenen Jahren stattgefunden hat, ist meiner Meinung nach keine gute Entwicklung. Ich kann sowas nicht lesen. Wir hatten immer im Hinterkopf, dass unsere Reihe nicht irgendwann erstarrt. Ich liebe Krimi-Reihen und lese sie auch selbst gerne, aber nach dem dritten oder vierten ist es dann meist auch gut. Darum wollten wir uns, was die Thematik angeht, von diesen regionalen Themen lösen. Bücher mit Hirschgeweih und karierter Tischdecke kann ich nicht mehr sehen. Mittlerweile gehen wir aber ganz entspannt damit um: Wir werden diese Welle überleben!
Nächstes Jahr entstehen auch wieder zwei neue Kluftinger-Filme. Haben Sie persönlich Kontakt zu Herbert Knaup?
Kobr: Nein, gar nicht. Da ist er auch nicht der Typ dafür. Wir sehen uns nur beim Film-Dreh. Die Herangehensweise von Redaktion, Regie, Drehbuch und Produktion bei den Filmen ist sehr eigen - auch was die Interpretation angeht. Wir versuchen immer wieder, uns einzubringen, aber das ist denkbar schwer. Wir sind beim Dreh mal vor Ort, haben auch normalerweise eine kleine Rolle, das letzte Mal haben wir das Making-of gedreht. Tatsächlich haben wir aber ein gespaltenes Verhältnis zu den Filmen. Die Leute hauen es uns um die Ohren, wenn sie von den Figuren enttäuscht sind. Wir leiden auch darunter.
In den Büchern halten Sie sich mit dem Dialekt zurück, in den Filmen ist das teilweise sehr extrem.
Kobr: Beim ersten Film hat der Dialekt auch teilweise gar nicht gestimmt. Da hatten wir uns ganz rausgehalten. Die Erika bekam dann einen badischen, fast schweizerischen Slang. Leute, die normalerweise hochdeutsch sprechen, haben versucht, im Allgäuer Dialekt zu reden. So was ist ganz übel. Dann sollten sie lieber unmarkiert sprechen. Beim zweiten Film gab es dann einen krassen Ausschlag nach oben, was den Dialekt angeht. Natürlich gibt es dann Zuschauer, die ausschalten, weil sie gar nichts verstehen.
Sind Sie "Tatort"-Fan?
Kobr: Ja, ich schaue immer mal wieder. Der Kluftinger war ja auch da schon im Gespräch. Dafür müsste man aber Original-Drehbücher erlauben. Und wenn ich mir anschaue, was passiert, wenn aus einem Buch ein Drehbuch gemacht wird, dann möchte ich mir nicht vorstellen, wie ein Kluftinger-Original-Drehbuch zu einem "Tatort" aussehen würde. Einmal haben wir versucht, ein Drehbuch zu schreiben und das war eine sehr unangenehme Erfahrung. Das ist nicht unser Ding, wir brauchen, was die Plot-Entwicklung angeht, mehr Freiheit. Drehbuch-Anfragen würden wir daher im Moment erst mal ablehnen.
Apropos Entwicklung: Wissen Sie schon, wie es mit Kluftinger weiter geht?
Kobr: Früher haben wir uns da nicht so viele Gedanken gemacht. Jetzt wissen wir aber, wie es mit ihm weitergeht und zwar sehr detailliert. Das verrate ich aber natürlich nicht.