Anne Schäfer: "Die Quote ist doch bescheuert"

Mit "Der Barcelona-Krimi" meldet sich Anne Schäfer als Kommissarin auf dem Bildschirm zurück. Mit Krimis hat die Schauspielerin bereits reichlich Erfahrung.
Das Erste startet am Donnerstag mit "Der Barcelona-Krimi: Über Wasser halten" (2.11., 20:15 Uhr) in eine neue Krimireihe. In den Hauptrollen glänzen Clemens Schick (45) als Kommissar Xavi Bonet und Anne Schäfer (38) als Kommissarin Fina Valent. In Sachen Krimi kennt sich die Schauspielerin bestens aus. Schäfer ermittelte bereits drei Jahre bei der "SOKO Köln". Doch auch im Kino feierte die 38-Jährige bereits Erfolge. Im Januar ist sie an der Seite von Til Schweiger (53) und Matthias Schweighöfer (36) im Film "Hot Dog" zu sehen. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht die 38-Jährige über die Krimi-Flut im deutschen TV, die viel diskutierte TV-Quoten-Messung und Til Schweigers Professionalität.
Nach der "SOKO Köln" sind Sie in "Der Barcelona- Krimi" wieder als Kommissarin zu sehen. Hat es Ihnen dieses Genre besonders angetan?
Anne Schäfer: Nein, eigentlich nicht. Ich achte nicht auf Genres oder Formate, sondern darauf, ob mich eine Rolle interessiert. Mit Clemens Schick habe ich vor sieben Jahren meinen ersten Film gedreht. Ich wollte gerne wieder mit ihm zusammenarbeiten. Außerdem hatte ich große Lust, im Ausland zu drehen und in einem internationalen Team zu arbeiten. Arbeit ist Lebenszeit, ich mag Herausforderungen und ich möchte dabei auch Spaß haben.
Wie unterscheidet sich "Der Barcelona-Krimi" von den zahlreichen anderen Krimi-Serien im Fernsehen?
Anne Schäfer: Als Erstes durch Barcelona. Wir erzählen unsere Fälle in einer der spannendsten und schönsten Metropolen Europas. Die Szenen spielen hauptsächlich draußen an tollen Orten. Wir haben komplett in Barcelona gedreht, da wird nicht Köln zu Münster oder Prag zu Zürich. Wir versuchen auch keine klassische Whodunit-Geschichten zu erzählen. Der klassische Rätselkrimi wird weit aufgemacht, Wir haben es mit organisiertem Verbrechen zu tun, Drogen, Menschenhandel, Kleinkriminellen, vieles ist miteinander verwoben und nicht einfach zu erklären. Wir fordern den Zuschauer. Und gleichzeitig wollen wir Ihn mit den tollen Bildern der Stadt entspannen.
Die Sender, vor allem die Öffentlich-Rechtlichen, überschwemmen uns geradezu mit Krimi-Formaten, sind die Zuschauer nicht langsam übersättigt?
Schäfer: Die Quote, die ich für bescheuert halte, sagt, der Zuschauer liebt Krimis und schaltet diese auch am meisten ein. Also scheint es eine Nachfrage zu geben. Es wird auch immer wieder versucht, neue Formate zu platzieren, beispielsweise vor Kurzem im ZDF "Zarah", eine Serie, die in den frühen 70ern in einer Zeitungsredaktion spielt oder die österreichisch-bayerischen Produktionen "Hindafing" oder "Braunschlag" - Serien, die ich großartig fand. Leider wurden viele dieser Formate entweder gleich zu später Stunde versendet oder, wenn die Quote nicht stimmte, auf weniger prominente Sendeplätze verbannt oder, wie im Fall von "Lerchenberg", nur auf ZDFneo gesendet. Im Theater hieß es immer: "Man muss sich sein Publikum auch erziehen". Dafür braucht man Geduld und muss aufhören stumpf auf die Quote zu achten.
Viele haben sich vom Fernsehprogramm ohnehin schon längst verabschiedet...
Schäfer: Ja, die Zukunft wird sowieso im "On Demand" Bereich liegen. Jeder guckt, was er will und wann er es will. So wie es auf den Plattformen wie Netflix, Sky oder Amazon Prime schon jetzt möglich ist. Wer keine Krimis zur Sendezeit mag, hat ja die Möglichkeit in der Mediathek, die ich toll finde, sich etwas Anderes rauszusuchen. Jeder Smart TV macht das möglich. Umgekehrt ginge das natürlich auch. Mein Appell an die Verantwortlichen: Mutige Angebote machen, Vielfalt produzieren. Mein Appell an die Zuschauer: Offen sein, Neues gucken und die Mediatheken nutzen.
Sind Sie selbst ein Krimi-Fan, was sehen Sie privat am liebsten?
Schäfer: Ich gehe am liebsten ins Theater oder schaue auf Filmfestivals einen Kinofilm nach dem anderen.
Vor Kurzem standen Sie mit Til Schweiger und Matthias Schweighöfer für den Film "Hot Dog" vor der Kamera. Wie haben Sie die beiden erlebt?
Schäfer: Wahnsinns Profis. Die beiden sind nicht umsonst da, wo Sie sind. Ich habe großen Respekt und Lust weiter mit Ihnen zu arbeiten.
Was ist Ihnen vom Dreh besonders in Erinnerung geblieben?
Schäfer: Das wahnsinnig tolle Team! Til und Matthias haben tolle Leute um sich herum versammelt, mit denen man gerne Zeit verbringt.
Im ersten Trailer sind bereits einige Lacher zu sehen. Besonders Ihre laszive Schleckerei an einem Eis am Stiel... Wie schwer fiel es Ihnen, hier ernst zu bleiben?
Schäfer: Oh, ha, das war eine bizarre Situation. Eigentlich muss ich jetzt erst im Nachhinein darüber lachen. Um ehrlich zu sein, war ich hochkonzentriert! Komödie ist Präzision. Außerdem war es einer meiner ersten Drehtage. Dann sitzt man da mit seinem Eis und es gucken einem 30 Leute, hauptsächlich Männer, dabei zu, wie man das Eis "felaziert" und denkt sich: "Uh, das musst Du jetzt gut machen" und dann denkt man darüber nach, dass man darüber nachdenkt, dass man das gut machen möchte, was man da gerade macht und es fällt einem ein, was man da gerade macht... (lacht) Dann hört man besser auf zu denken und spielt präzise, dann wird es lustig.
Wo sehen Sie sich in Zukunft mehr, im TV oder auf der großen Leinwand?
Schäfer: Ich hoffe, überall und in den unterschiedlichsten Rollen. Ich möchte auch das Theater unter keinen Umständen aufgeben. Mein Herz klebt auf der Bühne fest.
Haben Sie je von einer Hollywood-Karriere geträumt?
Schäfer: Nein. Das ist mir zu irreal. Mein Kumpel DJ Hell hat mal zu mir gesagt: "Anne, du musst groß denken!" Ich finde, er hat Recht. Ich träume davon, international zu arbeiten, ja! Aber der Begriff "Hollywood" ist mir zu abstrakt.
Wenn es mit der Schauspielkarriere nicht geklappt hätte, was wäre Ihr Plan B gewesen?
Schäfer: Einen Plan B gab es nicht. Ich arbeite ohne Sicherheitsnetz. Wenn ich etwas will, dann verliere ich mich darin mit Haut und Haar. Zwischendurch dachte ich, ich müsse doch auch mal noch was g'scheits machen, Sicherheit aufbauen. Ich habe dann parallel zu meinem Engagement am Residenztheater, wo ich zu der Zeit mit neun Stücken auf der Bühne stand, in einem Frisörsalon gearbeitet und Haare gefegt. Die Kunden dachten, ich recherchiere für eine Rolle. Mich hat diese Arbeit entspannt, aber es war auch sofort klar, dass ich das nicht kann, normal arbeiten.