Wie haltbar ist ein gebrauchter Fiat 500?
Ist der Fiat 500 eigentlich nur hübsch, oder kann er auch als haltbarer Gebrauchtwagen überzeugen?
Der Fiat 500 – man müsste ihn streng genommen "Cinquecento" aussprechen – ist ein Unikum, wie es vermutlich nur Fiat bewerkstelligen kann. Da wird ein simpel konstruierter Kleinstwagen mit unterdurchschnittlichem Platzangebot und mittelprächtiger Ergonomie seit 17 Jahren ohne größere Änderungen produziert, überlebt dabei spielend die technisch identischen Geschwister Lancia Ypsilon und Ford Ka (2. Generation) und ist dermaßen beliebt, dass sein 2020 erschienener Nachfolger aussieht wie ein eineiiger Zwilling. Zu allem Überfluss wird das 2007 präsentierte Urmodell noch immer als Bestands-Neuwagen verkauft.
Diverse Reparatur-Anleitungen für den Fiat 500
Eines hatten jedoch alle neuzeitlichen 500er gemein: günstig waren sie (zumindest als Neuwagen) nie. Grund genug, mal einen ausführlichen Blick auf seine Kompetenz als Gebrauchtwagen zu richten.
Karosserie: Erfreulich solide
Das kugelige Häuschen des 500 wirkt beim direkten Kontakt wie ein Iglu. Sie umgibt die Insassen angesichts von nur 3,5 Metern Länge knapp, aber erzeugt dennoch ein gemütliches Raumgefühl. Gleichzeitig wirken die großen Türen und das kuppelige Dach überraschend solide, nicht etwa hohl und nach dünnem Blech, wie in vielen anderen Kleinstwagen. Die guten Nachrichten gehen auch bei näherer Betrachtung weiter: Rost ist kein chronisches Problem. Zwar können arg ungepflegte Exemplare oder schlecht reparierte Unfallschäden sehr wohl zu Korrosion führen, doch findet sich kaum ein durchweg verrosteter 500. Spaltmaße und Lackauftrag sind meist ebenso einwandfrei. So bleiben bei Gebrauchtexemplaren als einzige Schönheitsfehler meist nur die gern von Tieren angefressene Dachantenne (die lässt sich für ein Butterbrot bitten Sekunden austauschen), sowie die oft sehr verschmutzten Türausschnitte.
Ebenfalls frei von wiederkehrenden Krisenherden sind die verschiedenen Dachoptionen. Für die Limousine gibt's ein starres Glasdach über den vorderen Sitzplätzen, sowie das Glasschiebedach "Skydome". Der 500C ist ein Teilcabrio, bei dem sich ein Stoffdach elektrisch bis hinter die Rücksitze schiebt, während Tür- und Fensterrahmen stehen bleiben.
Innenraum: Schön aber klein
Wer einen Kleinstwagen nach rein praktischen Gesichtspunkten sucht, der sollte zum eng verwandten Panda greifen – viel besser geht's nämlich nicht. Dass der 500 zugunsten seiner charmanten Form auf ein großes Raumangebot verzichtet, ist sonnenklar. Fiat hat aber auch nie versucht, einen Praktiker aus dem Bonvivant zu machen – und das ist auch gut so. Denn obwohl das Interieur, speziell das Cockpit, nach 17 Jahren längst altbacken wirken müsste, erscheint es so zeitlos, wie es seiner Gestalter einst ersonnen haben. Die meist in Wagenfarbe lackierte Blende auf dem Armaturenbrett, das vielfältig informative Rundinstrument, oder das modische weiße Lederlenkrad (gar nicht so selten) wirken auch heute noch apart, sofern im Vorbesitz Wert auf Pflege gelegt wurde. Und ähnlich wie bei der Karosserie entsteht auch hier ein überzeugender Qualitätseindruck. Klar besteht der Armaturenträger aus Hartplastik, aber dafür sieht er prima aus und ist sauber verarbeitet. Feinheiten wie die Blinker- und Wischerhebel sind exklusive Teile, die es aus im 500 nirgends gibt, und generell findet sich kaum schnöde Baukasten-Ware. Alles hat einen besonderen Touch.
Weniger romantisch ist es um die Sitze bestellt. Die sind zwar per se nicht unkomfortabel, bringen den Fahrer jedoch zwangsläufig in eine Position, die er sonst eher aus dem heimischen Badezimmer kennt. Eine Sitzhöhenverstellung ist serienmäßig, bewegt sich aber nur in einem sehr kleinen und deutlich zu hohen Verstellbereich. Außerdem wird nur das Sitzpolster dezent justiert, nicht etwa der gesamte Sitz. Zumindest sind die Werkstoffe relativ haltbar. Manches, wie etwa farbige (oder weiße) Lederlenkräder oder die Sitzbezüge feinerer Ausstattungslinien mit Zierkeder verlangen nach pfleglicher Behandlung, damit sie nach einigen Jahren nicht abgewohnt erscheinen.
Motor: Es kann nur einen geben. Oder?
Es ist nicht so, als gäbe es keine respektable Antriebsvielfalt für den 500. Da wären potente 1,4-Liter-Turbo-Vierzylnder nebst wahnwitzigen Abarth-Versionen mit bis zu 190 PS, technisch interessante Zweizylinder-Turbos mit Mini-Hubraum und elektrohydraulischer Ventilsteuerung, erfreulich haltbare, sparsame und kräftige Turbodiesel, eine frühe Elektroversion, deren Akku als problematisch gilt, und seit 2020 typische Downsizing-Dreizylinder mit Turbo und Mildhybridsystem. Und trotzdem nutzen 90 Prozent aller 500er den altbekannten 1.2 FIRE-Motor, der bei Fiat Mitte der 80er-Jahre eingeführt wurde, und der seinen Namen daraus erhält, dass er vollständig von Robotern montiert werden kann.
Das ist auch gut so. Denn an einem simplen, aber lebendigen Vierzylinder mit kleinem Hubraum und obenliegender (immerhin verstellbarer) Nockenwelle ist nun mal auch heute nichts auszusetzen. Er ist sparsam, produziert mangels Direkteinspritzung oder Turbo kaum Rußpartikel oder Verbrennungsrückstände und läuft dabei mit seinen 69 PS gerade so emsig, wie es sich für einen Stadtflitzer geziemt, ohne dabei auf der Autobahn unterzugehen. Mehr war und ist nie nötig. Das erkennt man auch daran, dass die etwa gleichstarken 1.0-GSE-Dreizylinder konstruktiv viel aufwendiger sind, aber praktisch nirgends greifbare Vorteile bieten. Dass das Oldschool-Motörchen zudem haltbar ist, versteht sich von selbst. Nur an den Zahnriemenwechsel muss alle fünf Jahre bzw. 120.000 Kilometer gedacht werden. So viel Zuverlässigkeit bewirkt freilich auch, dass arglose Naturen speziell im Kurzstreckenbetrieb oft die Wartung verschwitzen. Das nimmt der Motor zwar nicht nachhaltig krumm, dennoch sollte beim Kauf auf Belege geachtet werden.
Getriebe: Vorhanden
Im 500 gibt es manuelle Fünf- und Sechsganggetriebe, wobei letzteres den 1,4- und 1,0-Liter-Modellen vorbehalten ist, und ersteres als optionale Dualogic-Version automatisierte Schaltvorgänge (aber keine klassische Automatik) bietet. Ergo besitzen die mit Abstand allermeisten Exemplare ein manuelles Fünfganggetriebe mit joystickartigem Schalthebel, der mit seinem Kugelknauf angenehm zur Hand liegt. Die eigentliche Schaltarbeit wird über Seilzüge übertragen, die schon im Neuzustand so zielsicher funktionierten, wie der Versuch in Süditalien nach 10 Uhr noch einen Cappuccino zu bekommen. So verläuft die Gangwahl entsprechend dem Charakter des 500. Rührend.
Fahrwerk: Es ist straff und muss so bleiben
Ernste Probleme können sich im Fahrwerk verstecken. Hier fällt ausnahmsweise auf, dass der Kostenfaktor in der Kleinstwagenfertigung nun mal doch eine wichtige Rolle spielt. Die Achsteile selbst sind nur von der dünnsten Sorte lackiert und tragen meist eine deckende Schicht Flugrost, die sich in heftigen Fällen nach vielen Salzwintern auch mal durchfressen kann. Das ist jedoch kein echtes Problem, weil, bevor das passiert, ohnehin die Fahrwerksgummis ausschlagen dürften. Poltert und knupst es also beim Fahren, ist mit ziemlicher Sicherheit etwas ausgeschlagen. Ist man einmal dabei, lohnt es, einfach alle Verschleißteile zu tauschen. Die Kosten dafür halten sich zum Glück in Grenzen. Am häufigsten bemängeln die HU-Prüfer übrigens die Koppelstangen, dicht gefolgt von Querlenkerbuchsen und Traggelenken. Eine gewisse Hopsigkeit ist beim 500 konstruktionsbedingt normal, wobei er sich mit etwas Beladung und bei höheren Geschwindigkeiten deshalb wahrlich nicht unkomfortabel schimpfen lässt.
Mängel: Hauptsächlich Kleinkram
Das meiste, was am 500 so kaputtgeht, ist in der Regel nicht teuer. Begünstigt durch häufige Kurzstrecken hält die Auspuffanlage meist nur ein paar Jahre, bevor der Rost das erste Loch hinein knabbert. Na und? Ein Endschalldämpfer in brauchbarer Qualität ist für unter 100 Euro erhältlich. Die ebenfalls nicht ewig haltbaren Achsteile haben wir bereits erwähnt, der Rest der potenziellen Mängel hat mit Flüssigkeiten zu tun. Ungepflegte Laternenparker können nach einem Regenguss nasse Füße bekommen, wenn die Wasserabläufe im Motorraum allzu sehr mit Laub und Dreck verstopft sind. Ebenso kann Feuchtigkeit ins elektrisch unterstützte Lenkgetriebe gelangen, wodurch die Servowirkung verloren geht. Tropft es unter dem Auto, so handelt es sich meistens um Öl, welches zwischen Motor und Getriebe hervor tropft. Schwarzes Motoröl kann dort aus einem undicht gewordenen Wellendichtring stammen, gelblich-helles dagegen aus dem Kupplungs-Nehmerzylinder. Letzterer gibt sich auch als Verlust im Bremsflüssigkeitsbehälter zu erkennen. Die grundsätzlich gute Wartungsfreudigkeit erlaubt es versierten Schraubern auch, sehr günstige Exemplare zu ergattern und diese dann in Eigenleistung in einen technisch einwandfreien Zustand zu bringen.
Preise: riesige Auswahl
Es gibt aktuell über 7.000 inserierte 500er, deren Angebot schon mit Billig-Exemplaren mit Rest-TÜV um 2000 Euro beginnt. Für die Kategorie "Zuverlässiges, durchrepariertes Studentenauto" mit weniger als 200.000 Kilometern werden um die 5.000 Euro fällig, wobei es schon hier eine große Auswahl an Farben und Ausstattungen gibt. Richtig chic wird es ab 8.000 Euro, wo bereits luxuriös ausgestattete Exemplare aus gutem Hause beginnen. Das Baujahr ist dabei nicht vorrangig. Mangels technischer Komplexität muss man auch keinen Wert auf Garantieleistungen und dergleichen legen. Was soll schon passieren. Über 15.000 Euro muss man eigentlich nicht ausgeben. Hier nähert man sich dann zunehmend dem nach wie vor hohen Neupreisniveau.