Reklamation, Umtausch, Garantie & Co. – 7 populäre Irrtümer an der Kasse

Rechtsmythen und populäre Rechtsirrtümer gibt es etliche, besonders viele findet man jedoch im Kaufrecht, da dieses Rechtsgebiet uns im Alltag mit am häufigsten berührt. Meist geht es bei diesen juristischen Ammenmärchen um Themen wie Umtausch, Garantie, Reklamation und Gewährleistung.
Obwohl in Deutschland täglich Millionen von Kunden durch die Geschäfte ziehen und Einkäufe tätigen, kennt kaum einer davon seine Rechte ganz genau. Einer der Gründe dafür ist, dass die Deutschen gleichermaßen im Geschäft vor Ort und im weltweiten Internet einkaufen, dort aber erhebliche juristische Unterschiede bestehen. Welche Rechte hat man also tatsächlich als Kunde, wenn man gekaufte Ware an der Kasse umtauschen oder reklamieren will?
3 populäre Irrtümer zum Umtauschrecht:
- Bei jedem Kauf hat man ein zweiwöchiges
Umtauschrecht
Zu den hartnäckigsten Rechtsmythen im Kaufrecht gehört der festgesetzte Glaube, man könne jeden Artikel innerhalb von zwei Wochen umtauschen. Ein derartiges unbeschränktes Umtauschrecht gab es im deutschen Recht jedoch nie, denn das deutsche Vertragsrecht wird vom Grundsatz der Vertragstreue geprägt. Danach sind abgeschlossene Verträge verbindlich, sodass man sich im Regelfall gerade nicht mehr von ihnen lösen kann.
Viele Geschäfte bieten ihren Kunden aber an, gekaufte Ware innerhalb einer bestimmten Frist freiwillig zurückzunehmen, um mit dem Onlinehandel konkurrieren zu können. Im Internet geschlossene Verträge sind nicht nur bequem mit wenigen Klicks von zu Hause aus geschlossen, sondern gehören rechtlich zu den Fernabsatzverträgen. Beim Fernabsatzvertrag gibt es im Gegensatz zum Kaufvertrag vor Ort ein zweiwöchiges gesetzliches Widerrufsrecht. Einen im Internet geschlossenen Vertrag darf man deshalb innerhalb von zwei Wochen ohne Grund widerrufen. Im gewöhnlichen Ladengeschäft greift dieses Recht aber nicht.
Ergo: Das Umtauschrecht besteht nicht automatisch bei jedem Kauf, sondern nur dann, wenn der Verkäufer es freiwillig einräumt. - Reduzierte Ware ist immer vom
Umtausch ausgeschlossen
Die meisten Geschäfte räumen ihren Kunden mittlerweile freiwillig ein Umtausch.echt ein. Oft wird man im Geschäft aber durch Schilder oder vom Verkäufer darauf hingewiesen, dass reduzierte Ware vom Umtausch ausgeschlossen ist. Dieser Ausschluss gilt aber nicht generell, sondern bezieht sich nur auf das vom Verkäufer freiwillig eingeräumte Umtauschrecht. Da der Umtausch eine freiwillige Leistung des Verkäufers ist, kann er auch die Bedingungen für den Umtausch festlegen und das Recht bei bestimmten Artikeln nicht gewähren.
Das bedeutet aber nicht, dass man reduzierte Produkte gar nicht zurückgeben kann, denn der Käufer kann lediglich das Umtauschrecht ausschließen, nicht aber die gesetzliche Gewährleistung. Auch bei reduzierter Ware ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer ein mangelfreies Produkt zu übergeben. Weisen reduzierte Kaufgegenstände einen Mangel auf, hat man als Kunde daher grundsätzlich alle Gewährleistungsrechte und kann sowohl die Reparatur des defekten Gegenstands als auch den Austausch gegen ein mangelfreies Produkt verlangen. Etwa anders gilt nur dann, wenn die Ware explizit wegen des Mangels reduziert worden ist. Diesen Mangel kann man später nicht mehr monieren. Der Ausschluss bezieht sich aber nur auf diesen bekannten Mangel. Hat man z. B. einen Föhn wegen einiger Kratzer günstiger erworben, kann man vom Verkäufer keinen Föhn ohne Kratzer verlangen. Lässt sich hingegen die Temperatur nicht verstellen, hat man trotz der kratzerbedingten Preisreduktion die üblichen Gewährleistungsrechte.
Ergo: Reduzierte Ware kann also tatsächlich vom Umtausch ausgenommen werden, defekte Produkte können aber trotzdem reklamiert werden. - Ohne Kassenzettel geht an der Kasse nichts
Viele Geschäfte weigern sich, Produkte ohne Kassenzettel umzutauschen. Daher hält sich hartnäckig der Irrglaube, dass man ohne Kassenbon keinerlei Rechte hat. Rechtsgrundlage für das Umtauschrecht ist aber nicht der Kassenbon, sondern der zwischen dem Geschäft und dem Kunden geschlossene Kaufvertrag, indem ihm ein Umtauschrecht gewährt wurde. Der Kunde muss aber beweisen, dass es diesen Vertrag gibt. Da kaum ein Kaufvertrag im Geschäft schriftlich geschlossen wird, ist der Kassenzettel der leichteste Beweis. Es gibt aber auch noch andere Beweismittel wie z. B. Zeugen oder einen Kontoauszug bei Kartenzahlung.
Ergo: Der Kassenzettel ist beim Umtausch also nicht zwingend erforderlich, da er lediglich eine Beweisfunktion hat. Kann man den Kauf im Geschäft anders belegen, benötigt man keinen Kassenbon für den Umtausch.
4 populäre Irrtümer bei der Reklamation:
- Reklamation nur mit Originalverpackung
Ebenso wie der Umtausch taucht auch der Begriff Reklamation nicht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) auf. Der Begriff hat sich aber als Synonym für die Geltendmachung von gesetzlichen Gewährleistungsrechte. bzw. einer vertraglichen Garantie im Alltag eingebürgert. Oft verlangen Verkäufer die Originalverpackung bei der Reklamation. Notwendig ist diese aber nicht immer, denn die gesetzlichen Gewährleistungsrechte stehen Kunden bei mangelhafter Ware stets zu, sodass der mangelhafte Gegenstand für die Geltendmachung der Gewährleistungsrechte ausreichend ist.
Etwas anders gilt aber, wenn die gesetzlichen Gewährleistungsrechte nicht greifen, weil z. B. die Frist bereits abgelaufen ist. Nimmt der Verkäufer die defekte Ware trotzdem aus Kulanz zurück oder kann der Kunde die Ware aufgrund einer Zusatzversicherung oder einer eingeräumten Garantie reklamieren, kann der Verkäufer die Originalverpackung verlangen. Grund dafür ist wiederum, dass es sich jeweils um freiwillige Leistungen des Verkäufers handelt, dessen Bedingungen dieser frei gestalten kann.
Ergo: Man kann Produkte also auch ohne Originalverpackung reklamieren, wenn es sich um Fälle der gesetzlichen Gewährleistung handelt. Nur bei freiwilligen Leistungen wie etwa der Garantie kann der Verkäufer die Originalverpackung verlangen. - Die
Frist zur
Reklamation beträgt 6 Monate
Zur Frist der gesetzlichen Gewährleistung gibt es ebenfalls viele Mythen und es hält sich hartnäckig das Ammenmärchen von der sechsmonatigen Gewährleistung. Richtig ist aber, dass sich nach sechs Monaten lediglich die Beweislast verändert, die Gewährleistungsrechte selbst bestehen aber zwei Jahre lang. Verkäufer können diese Frist vertraglich auch nur in sehr wenigen Ausnahmefällen verkürzen.
Nach sechs Monaten muss man als Kunde beweisen, dass der Mangel bereits beim Abschluss des Kaufvertrages vorhanden bzw. angelegt war. Dieser Nachweis ist für Kunden jedoch sehr schwierig, sodass ihre Rechte faktisch oft an der notwendig gewordenen Beweiserbringung scheitern. Gelingt der Nachweis hingegen, hat man auch nach Ablauf der sechs Monate noch alle Gewährleistungsrechte.
Ergo: Die Gewährleistung.frist beträgt also nicht sechs Monate, sondern zwei Jahre. Nach sechs Monaten muss man aber als Kunde nachweisen, dass man den Mangel nicht selbst verursacht hat, sondern dieser schon beim Kauf vorhanden war. - Gegen eine falsche Aufbauanleitung kann man nichts tun
Ebenso hartnäckig hält sich der Glaube, man könne gegen eine schlechte Aufbauanleitung nichts unternehmen. Das ist aber falsch, denn in Deutschland gibt es eine eigenständige gesetzliche Regelung, die als Ikea-Klausel bezeichnet wird. Danach liegt ein Sachmangel auch bei falschen oder schlechten Aufbauanleitungen vor. Man kann deshalb einen gekauften Schrank auch dann reklamieren, wenn er sich wegen einer falschen Aufbauanleitung nicht aufbauen lässt, wobei sowohl eine fehlerfreie Aufbauanleitung als auch die Demontage des falsch zusammengeschraubten Schranks verlangt werden kann.
Ergo: Falsche Aufbauanleitungen wurden explizit als Sachmangel in das Gesetz aufgenommen, sodass Kunden bei falschen Instruktionen ebenfalls Gewährleistungsrechte geltend machen können. - Kunden müssen sich an den Kosten der
Reklamation beteiligen
Ein ebenso weit verbreitetes Ammenmärchen ist, dass sich Kunden an bestimmten Kosten der Reklamation beteiligen müssen. So werden sie z. B. immer wieder bei der Reklamation defekter Waren aufgefordert, die Kosten für das Einsenden der Ware an das Werk zu übernehmen oder Ersatzteile zu bezahlen. Zulässig ist das jedoch nicht, denn sämtliche Kosten der Gewährleistung muss der Verkäufer tragen. Wird das mangelhafte Produkt zur Überprüfung oder Reparatur eingeschickt, ist der Kunde nicht verpflichtet diese Kosten zu übernehmen. Es gilt im Gegenteil: Der Verkäufer hat alle Kosten zu übernehmen, die notwendig sind, um mangelhafte Produkte zu reparieren oder auszutauschen.
Im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung müssen Kunden daher weder die Transportkosten noch die Kosten für etwaige Austauschteile übernehmen. Auch die Kosten für den Ein- und Ausbau verbauter Produkte trägt nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über mangelhafte Bodenfliesen der Verkäufer. Der EuGH hat in diesem Urteil ausdrücklich betont, dass Verbraucher durch die Abwälzung von bestimmten Kosten nicht davon abgehalten werden dürfen, ihre Gewährleistungsrechte geltend zu machen. Daher muss der Verkäufer sämtliche anfallenden Kosten der Reklamation übernehmen. Etwas anders gilt wiederum für die Reklamation im Rahmen einer Garantie.
Ergo: Kunden müssen sich nicht an den Kosten der Reklamation beteiligen. Etwas anderes gilt nur bei der vertraglich vereinbarten Garantie.
Fazit: Es stimmt also nicht alles, was Verkäufer beim Umtausch oder der Reklamation an der Kasse erzählen oder verlangen. Kunden sollten sich daher vorab genauestens über ihre Rechte informieren. Grundsätzlich gilt aber, dass Verkäufer nur bei freiwillig eingeräumten Rechten wie dem Umtausch oder der Garantie einen weiten Gestaltungsspielraum haben. Bei der gesetzlichen Gewährleistung sind die Vorgaben hingegen sehr strikt und genau vorgeschrieben.
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